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Flexible Arbeitszeitmodelle und Aufstiegschancen für Frauen

Flexible Arbeitszeitmodelle und Aufstiegschancen für Frauen

Statement von Mag. Ing. Margret Kaltenbrunner, Geschäftsführerin von pro mente Salzburg und pro mente plus, Vorstandsmitglied von pro mente Austria bei der Pressekonferenz in Wien am 28.03.17.


Die Ziele und Aufgabenstellungen von pro mente Austria hat Ihnen Prof. Schöny soeben beschrieben. Ich möchte Ihnen vermitteln, dass die Betreuung von 80.000 Menschen mit Sozialromantik und geschützter Werkstatt-Atmosphäre schon lange nichts mehr zu tun hat. Die 26 Mitgliedsorganisationen des Dachverbandes pro mente Austria sind wirtschaftlich geführte Unternehmen mit rund 3.250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Damit sind wir nicht nur ein bedeutender Wirtschaftsfaktor sondern in vielen – darunter auch sehr entlegenen – Regionen ein wichtiger Arbeitgeber.

Eine derartige Organisation zu führen, geht nicht mit gutem Willen und Ambition allein. Das erfordert professionelles Management und eine stringente Organisation. Wie jedes andere Unternehmen dieser Größenordnung müssen wir wirtschaftlich und kostenbewusst denken, haben Abläufe zu optimieren, Einsparungspotenziale auszumachen und müssen uns mit ISO-Zertifizierungen, einem straffen Berichtswesen und nicht unerheblichen bürokratischen Anforderungen herumschlagen. In vielen Bereichen sind wir dabei sogar mehr gefordert als andere Wirtschaftstreibende, weil wir viele und stets wachsende Vorgaben unserer Kostenträger zu erfüllen haben.

Sozialpsychiatrische Betreuung ist Schwerstarbeit

Was für die Organisation insgesamt gilt, gilt für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Besonderen: Auch hier hat sich in den vergangenen 20 Jahren vieles grundsätzlich geändert. Heute muss man sagen: Die Arbeit im sozialpsychiatrischen Bereich ist ganz sicher nichts für Menschen, bei denen ´helfen´ an erster Stelle steht. Und auch nichts für jene, die aus dem harten Wirtschaftsleben sich in einen vermeintlich geschützten Wohlfühlbereich verändern möchten. Die Arbeit, die wir leisten, gehört zu den ambitioniertesten Herausforderungen, denen man sich im Erwerbsleben stellen kann. Sie erfordert ein hohes Maß an Professionalität und die Bereitschaft zur ständigen Weiterbildung. Nur durch laufende Selbstreflexion und Arbeiten an der eigenen Abgrenzung ist eine langfristige Beschäftigung möglich. Um das von vornherein klar zu machen, muss jeder unserer Neuzugänge einen 100stündigen Grundkurs absolvieren. Neben Grundkenntnissen in Krankheitslehre und Medikation geht es uns dabei vor allem darum, die besonderen Anforderungen der sozialpsychiatrischen Arbeit realitätsnah und ungeschönt zu vermitteln.

pro mente gehört zu den attraktivsten Arbeitgebern Österreichs

Wer MitarbeiterInnen hat, die täglich Derartiges leisten, ist als Arbeitgeber natürlich besonders gefordert. Umso mehr freuen wir uns, dass wir im Vorjahr in einer Studie der „Career Services Austria“ besonders gut abgeschnitten haben. Auf die Frage „Wo würden Sie am liebsten arbeiten“ reihten die befragten Studentinnen pro mente auf Platz 6 aller österreichischen Privatunternehmen.

Dabei gehören wir sicher nicht zu den Unternehmen, die mit überdurchschnittlichen Gehältern werben können. Da unsere Kostenträger ausschließlich die im Kollektivvertrag vorgesehenen Mindestgehälter erstatten, haben wir in finanzieller Hinsicht auch keinen Spielraum für Überzahlungen oder Boni. Wie die Studie „Student´s first choice 2016“ zeigt, ist das für die Absolventinnen und Absolventen aber auch längst nicht mehr das wichtigste Kriterium. Das „Gehalt“ liegt in der Liste der für die Arbeitsplatzwahl relevanten Kriterien seit einigen Jahren schon nur noch auf Platz 9.

Weiterbildung als wichtiges Kriterium zur Qualitätssicherung

Viel wichtiger sind den Neueinsteigern ein „angenehmes Betriebsklima“, eine „ausgeglichene Work-Life-Balance“ oder die „Möglichkeiten zur Weiterbildung“. Darauf legen wir bei pro mente Austria großen Wert. Gerade weil wir mit und für hilfsbedürftige Menschen arbeiten, steht die Qualitätssicherung ganz oben auf unserer Prioritätenliste. Bei uns genießt jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter die Möglichkeit pro Jahr Weiterbildungsangebote im Umfang seiner Wochenarbeitszeit in Anspruch zu nehmen. Mit einem Kostenbeitrag von durchschnittlich 400 Euro, macht das in Summe deutlich mehr als eine Million Euro, die wir jährlich in die Verbesserung der Betreuungsqualität investieren. Zusätzlich gehören regelmäßige Supervision sowie Konsiliararzt-Besprechungen für die Teams zu unseren Qualitätsstandards.

Flexible Arbeitszeitmodelle machen Beruf und Familie vereinbar

Um – was in der Studie auch als wichtiges Kriterium genannt wurde – die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewährleisten, bieten wir ein breites Spektrum an Teilzeitmöglichkeiten und flexiblen Arbeitszeitmodellen an. Das ist besonders wichtig, weil pro mente einen sehr hohen Frauenanteil in der gesamten Belegschaft hat. In Salzburg zum Beispiel sind 80 Prozent der Stellen mit Frauen besetzt, in allen Mitgliedsorganisationen zusammen genommen liegt der Anteil bei etwa 75 Prozent. Natürlich ist es – wie leider immer noch überall sonst auch – auch bei unseren Mitarbeiterinnen so, dass es vor allem Frauen sind, die Beruf, Kindererziehung und zunehmend die Pflege von älteren Familienangehörigen unter einen Hut bringen müssen. Ein weiterer Grund für den oft geäußerten Wunsch nach Teilzeitbeschäftigung ist in unserem speziellen Fall, dass etwa die Kriseninterventionsarbeit eine so extreme Belastung darstellt, dass man sie 38 Stunden pro Woche ohnehin langfristig kaum schaffen könnte.

Gleiche Chancen für Frauen: Drei von vier Führungspositionen weiblich besetzt

Dass wir einen so großen Frauenanteil in der Belegschaft haben, ist kein Programm, sondern darauf zurück zu führen, dass Männer im sozialen und pflegerischen Bereich leider immer noch Mangelware sind. Aus meiner Sicht wäre es wünschenswert, wenn wir eine bessere Durchmischung hätten, die die gesellschaftlichen Realitäten noch besser widerspiegeln würde. Gerade in unseren Wohnprojekten wäre es wichtig, dass die männliche Seite breiter repräsentiert wäre. Zudem funktionieren meiner Erfahrung nach Teams dann am besten, wenn sie ausgewogen mit Männern und Frauen besetzt sind.

Worauf wir sehr bewusst achten ist, dass Frauen nicht nur gleich viel verdienen wie Männer, sondern auch die gleichen Aufstiegschancen haben. Bei pro mente Salzburg sind 75 Prozent der Führungspositionen weiblich besetzt, in der gesamten Organisation werden es zumindest 60 Prozent sein. Das ist mir nicht nur deshalb wichtig, weil Frauen in diesem Bereich eben besonders gute Arbeit leisten, sondern weil wir damit auch dazu beitragen, das Bild von arbeitenden Frauen ins richtige Licht zu rücken.

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