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Formen von Essstörungen

Formen von Essstörungen

Zirka 200.000 ÖsterreicherInnen sind zumindest einmal in ihrem Leben von einer Essstörung betroffen. 95% der Betroffenen sind weiblich!


Warum trifft es vor allem die Frauen?

Der gesellschaftliche frauenbezogene Schlankheits- und Schönheitswahn, die Rolle der Frau als Ernährerin, das weit verbreitete Diät-Halten – jedes Frauenmagazin das auf sich hält, bietet Diäten an. Für viele Frauen gilt es als normal, sich ständig zu kasteien oder sich beim Essen permanent zu kontrollieren. Einerseits wird von den Frauen gefordert immer schlank, schön und fit zu sein, andererseits gibt es ein Überangebot an Nahrungsmitteln, vor allem an Fertignahrung, welches von den Inhaltsstoffen eher das Übergewicht fördert.

Die superschlanken weiblichen Models sind Vorbild - vor allem für Mädchen und junge Frauen. Die Werbung zeigt kaum normalgewichtige Frauen. Viele Models leiden an einer Essstörung oder haben zumindest ein sehr gestörtes Verhältnis zu Essen und zu ihrem Körper. Bei Männern geht die Tendenz eher zu einem gestylten Muskelkörper ohne Fett, makellos glatt und unbehaart.

Die Werbung hat seit einigen Jahren auch den Männerkörper entdeckt und nun kommen auch Männer zusehends unter Druck einem bestimmten Schönheitsideal zu entsprechen.

Allgemein kann man sagen, dass Menschen, die an einer Essstörung erkrankt sind, immer über ein negatives Körpergefühl verfügen und unter einem niedrigen Selbstwert leiden.


Welche Formen der Essstörung gibt es?

Magersucht (Anorexia nervosa)

Die Magersucht ist eine schwere psychische Krankheit, die meist in der Pubertät beginnt. Die Psyche ist vom Essen völlig gefangen genommen (zählen und berechnen der Kalorien). Sie ist ein Hilferuf der Seele. Betroffene haben oft das Gefühl mit dem Leben nicht mehr zurecht zu kommen. Viele magersüchtige Mädchen sagen, dass ihr Körper das einzige ist, worüber sie noch selbst bestimmen können. Alles muss kontrollierbar sein.

Die Betroffenen sind oft VorzugsschülerInnen und versuchen ihr Leben durch Kontrolle in den Griff zu bekommen. Häufig besteht eine panische Angst vor Gewichtszunahme. Im Leben der Betroffenen erfüllt die Magersucht eine wichtige Funktion. Deshalb ist es für sie auch sehr schwer aus dieser Sucht auszusteigen.

Im Zuge der Erkrankung kommt es zu einer Wahrnehmungsstörung, was den eigenen Körper betrifft. Die Betroffenen empfinden sich auch im extrem dünnen Zustand noch als sehr dick und haben daher meist auch keine Krankheitseinsicht.

Bei Magersucht leiden die Angehörigen oft stärker als die Betroffene selbst. Eltern und Angehörige stoßen sehr bald an ihre Grenzen bei dem Versuch, die Betroffene davon zu überzeugen, dass sie doch wieder normal essen möge. Im familiären Umfeld spielen sich oft wahre Dramen ab. Eltern fühlen sich oft hilflos, wenn sie sich eingestehen müssen, dass sie nichts tun können, wenn die Betroffene es selbst nicht will.

Merkmale:
Zu niedriges Körpergewicht, der Gewichtsverlust wurde selbst herbeigeführt. Übermäßige sportliche Aktivität, Angst zu dick zu werden, Ausbleiben der Regel, Verzögerung der körperlichen Entwicklung.

Körperliche Folgeschäden:
Absinken von Puls, Blutdruck und Körpertemperatur, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Verstopfung, brüchige Haare, Zahnschäden, Osteoporose-Gefahr, Ausbleiben der Regelblutung. 10-15% der Betroffenen sterben auch daran.

Seelische Folgeerscheinungen:
Schlafstörungen, Nervosität, Stimmungsschwankungen, Veränderung der Persönlichkeit.


Ess-Brechsucht (Bulimia nervosa)

Menschen die an Bulimie leiden, sagen oft dass sie das Leben zum "Kotzen" finden. Für die Betroffenen ist das Essen und Erbrechen eine Frustrations-abfuhr, ein Ventil für Ärger und Wut, ein Mittel gegen Langeweile und Einsamkeit. Das Fatale daran ist, dass genau diese Krankheit sie in die Isolation und Einsamkeit führt. Die Betroffenen halten diese Krankheit oft sehr lange Zeit geheim, da sie sich dafür sehr schämen und sich nicht vorstellen können, dass sie jemand versteht.

Viele Menschen die unter Bulimie leiden, begannen mit einer Phase des Diät-Haltens und des Hungerns, bis sie es nicht mehr aushielten und in die Bulimie rutschten, in der Hoffnung das Gewicht auf diese Weise kontrollieren zu können.
Menschen die an Bulimie leiden sind eher normalgewichtig und nicht auf den ersten Blick erkennbar. Die Betroffenen haben große Angst dick zu werden.

Merkmale:
Heißhungeranfälle (bis zu 20.000 Kalorien auf einmal) sehr oft mit anschließendem willentlichem Erbrechen, Einnahme von (oft großen Mengen) Abführmitteln, Angst dick zu werden.  Bulimie beginnt meist nach der Pubertät und später.

Körperliche Folgeschäden:
Schwellungen der Speicheldrüsen, Zahnschmelzschäden, Speiseröhreneinrisse, Magenwand- und Nierenschäden, Herzrhythmusstörungen, Regel kann ausbleiben. Osteoporose-Gefahr

Seelische Folgeerscheinungen:
Sozialer Rückzug, Depressionen, Selbstabwertung.
 

Binge Eating Disorder - Esssucht

Für Menschen die an Esssucht leiden, ist Essen oft der einzige Trost und die einzige Freude. Sie hoffen durch übermäßiges Essen mit ihrer Wut, Enttäuschung Trauer oder Einsamkeit fertig zu werden. Mit Essen soll das emotionale Loch gefüllt werden, sollen die nicht erwünschten Gefühle hinunterge-schluckt (nicht gespürt) werden, soll Ersatz für unerfüllte Wünsche sein. Übergewichtige Menschen haben meist eine Unzahl von Diäten hinter sich, mit dem Ergebnis nach jeder Diät noch dicker als vorher zu sein. Essen ist eine Bewältigungsstrategie des Lebens - eines Lebens, bei dem sie sich zu kurz gekommen fühlen.
Esssüchtige Menschen sagen von sich, dass sie das Gefühl haben nicht wichtig zu sein. Vielleicht müssen sie deshalb (ge)wichtig werden?

Merkmale:
Extremes Übergewicht oder ständige starke Gewichtsschwankungen, Heißhungeranfälle.

Körperliche Folgeschäden:
Überlastung des Herzens, des Kreislaufes und des Skelettes, Leberschäden, Diabetes, Gelenksleiden, Schlaganfall, Herzinfarkt.

Seelische Folgeerscheinungen:
Sozialer Rückzug, Depressionen, Selbstabwertung.
 

Wie kann man jemandem helfen, der an einer Essstörung leidet?

Am geeignetsten ist ein offener Umgang, in dem Sie Betroffenen mitteilen, welche Veränderung Sie wahrnehmen.

Versuchen Sie in einfühlsamen Gesprächen das Problem zu verstehen. Fragen Sie z. B. "Du wirkst so traurig auf mich, ich würde gerne wissen, was dich so belastet?"

Bieten Sie praktische Hilfe an. z. B. Information über Bücher, Anruf der Essstörungshotline (kostenlos und anonym): 0800 20 11 20.

Begleiten Sie die Betroffenen in eine Beratungsstelle.

Die seelische Krise muss entschlüsselt werden, auch wenn diese von Betroffenen anfänglich geleugnet wird. Je früher Betroffene in Behandlung kommen, um so größer sind die Heilungschancen.

Die beste Möglichkeit die Krankheit zu überwinden, ist eine Psychotherapie.

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