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Erstmals fettlösliche Arsenverbindungen in Muttermilch nachgewiesen

Erstmals fettlösliche Arsenverbindungen in Muttermilch nachgewiesen

Grazer Chemiker entwickelten spezielle Analytik - Forscher wollen klären, was mit den Verbindungen im Körper geschieht


 

Die anorganische Arsenverbindung Arsenik ist seit Jahrhunderten als klassisches Gift berüchtigt. Als wenig bedenklich gelten bisher organische Arsenverbindungen, wie sie etwa in manchen Fischen, Meeresfrüchten und Algen gespeichert werden und so auch in den menschlichen Körper gelangen können. Erstmals haben Chemiker aus Graz nun in der Muttermilch organische Arsenverbindungen nachgewiesen.

Arsen gilt als Spurenelement im Körper 

Jeder Mensch nimmt das Halbmetall mit dem Trinkwasser und der Nahrung auf. Die Arbeitsgruppe "Umwelt- und Spurenanalytik" unter der Leitung von Kevin Francesconi vom Institut für Chemie der Universität Graz erforscht seit Jahren die unterschiedlichen in der Natur vorkommenden Arsenverbindungen, die teils ungefährlich sind, zum Teil aber auch hochgradig giftig sein können. Die Grazer Forscher suchen und identifizieren bisher unbekannte Arsenmoleküle und entwickeln die Analytik vor allem für die fettlöslichen Arsenverbindungen weiter.

   Um zu klären, ob das Halbmetall und seine Verbindungen auch in die Muttermilch gelangt, konnten die Grazer Forscher um Institutsleiter Kevin Francesconi und Michael Stiboller rund 300 Muttermilchproben einer größeren norwegischen Studie von Osloer Kollegen auswerten. "Wir haben Gott sei Dank kaum toxisches, anorganisches Arsen nachgewiesen. Zugleich haben wir eine ganze Reihe unterschiedlicher Arsen-Lipide, also fettlösliche Arsenverbindungen gefunden", schilderte Stiboller gegenüber der APA.

Spezielle Methode zur Fraktionierung von Arsen entwickelt
Die Ergebnisse seiner Auswertungen hat der Grazer Dissertant als Erstautor in der jüngsten Ausgabe des US-Fachjournals "Environmental Science Technology" veröffentlicht.

   Um die geringen Konzentrationen des fettlöslichen Arsens in der Muttermilch zu finden, hat Stiboller eine spezielle Methode zur Fraktionierung von Arsen entwickelt. Damit wurden insgesamt acht verschiedene Arsen-Lipide identifiziert, wie der Grazer Forscher schilderte. Grund zur Sorge bestehe dadurch vorerst nicht: Die Gesamtkonzentration der in den Muttermilchproben entdeckten organischen Verbindungen habe durchschnittlich 0,5 Mikrogramm pro Kilogramm betragen. Der von der EU empfohlene Grenzwert liegt bei zehn Mikrogramm.

Auswirkungen und Toxizität von Arsenverbindungen noch ungeklärt

   Allerdings gibt es noch großen Forschungsbedarf, da die Auswirkungen und eine mögliche Toxizität von organischen Arsenverbindungen noch weitgehend ungeklärt sind. Bisher geht die Forschung davon aus, dass organische Arsenverbindungen den menschlichen Körper fast unverändert innerhalb von zwei bis drei Tagen über die Nieren wieder verlassen. "Wir brauchen aber viel mehr Informationen darüber, wie gefährlich oder ungefährlich spezielle organische Arsenformen sind, von denen man annimmt, dass sie nicht toxisch sind", regte Stiboller an.

Angesichts der Bedeutung von Muttermilch für die Entwicklung des Kindes sollten die neuen Erkenntnisse auf jeden Fall in weiteren Forschungen münden, betonte auch Institutsleiter Francesconi. Frühere Studien an menschlichen Zellen im Labor hätten beispielsweise schon gezeigt, dass manche Arsen-Lipide toxisch wirken können. Weiters habe eine Untersuchung an Fruchtfliegen auch Hinweise geliefert, dass Arsen-Lipide die Bluthirnschranke überwinden könnten.

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