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Pneumokokken: unterschätzt, aber gefährlich

Pneumokokken: unterschätzt, aber gefährlich

Impfaktion startet


Pneumokokken: Ein Wort, mit dem nicht jeder in Österreich etwas anfangen kann. Die wenigsten wissen, dass sie Lungenentzündungen und schwere Infektionen auslösen können. Und noch weniger, dass man sich dagegen impfen lassen kann. Der Verein zur Förderung der Impfaufklärung (VFI) startet daher jetzt eine Aufklärungskampagne, um die Bevölkerung über die Möglichkeiten zur Impfung zu informieren. Bereits seit 1. September kann man im Rahmen einer Aktion die Impfstoffe auf Rezept vergünstigt in den Apotheken erwerben. 

 

Laut WHO gehören Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae) zu den weltweit bedeutendsten bakteriellen Infektionserregern beim Menschen (1). 

Pneumokokken besiedeln den Nasen-Rachen-Raum vieler Personen und sind meist harmlos, können aber bei schweren Infektionen wie zum Beispiel bei Meningitis (Hirnhautentzündung) oder Sepsis (Blutvergiftung) zu Krankenhausaufenthalten und mitunter sogar zum Tod führen (2). Die Übertragung erfolgt durch Tröpfchen (Husten, Niesen, Sprechen). Die größte Bedeutung für die Weitergabe des Erregers haben Kinder, die oft nur besiedelt sind und in solchen Fällen dann keinerlei Symptome einer Erkrankung aufweisen (3). „Infektionen kommen vor allem in den Wintermonaten - also als Komplikation der jährlichen "Erkältungssaison" - gehäuft vor“, erklärt Dr. Oskar Janata, Hygienefacharzt am Donauspital in Wien.

 

Auslöser für Lungenentzündungen

 

Bei Personen ab 50 Jahren ist die am häufigsten durch Pneumokokken ausgelöste Krankheit die Lungenentzündung (Pneumonie) (3). „Eine ambulant erworbene Lungenentzündung kann im Regelfall vom Hausarzt gut behandelt werden und ist mit Antibiotika gut therapierbar. Problematisch wird es allerdings, wenn die Patienten andere Grunderkrankungen haben, bereits älter sind oder länger liegen müssen“, so Janata.

 

Dazu kommt, dass eine Besserung erst zeitverzögert stattfindet. „Antibiotika wirken erst nach etwa zwei Tagen, bis dahin ändert sich am Risiko für Komplikationen oder Sterblichkeit trotz Therapie wenig“ erläutert der Hygienefacharzt. So ist es auch zu erklären, dass etwa die Hälfte der Todesfälle innerhalb der ersten 48 Stunden eintreten, selbst wenn die Patienten mit Antibiotika therapiert wurden (3).

 

Alter und Grundkrankheiten als Risikofaktoren

 

Bereits höheres Lebensalter allein ist ein Risikofaktor für eine Pneumokokken-Infektion. „Kommt bei über 65-jährigen noch die Diagnose Diabetes dazu, ist das Risiko einer Pneumokokken-Pneumonie (durch Pneumokokken ausgelöste Lungenentzündung) fast drei Mal so hoch wie bei gesunden älteren Menschen“, warnt Dr. Helmut Brath, Erster Sekretär der Österreichischen Diabetesgesellschaft. Aber auch bei jüngeren Menschen mit Diabetes ist die Rate an Pneumonien auf mehr als das Dreifache erhöht (4).

 

Ein deutlich erhöhtes Risiko haben auch Lungenkranke. Studien zeigen, dass Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen wie COPD (Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung) oder Asthma um ein bis zu 13,5-fach höheres Risiko haben, sich eine durch Pneumokokken verursachte Erkrankung inklusive Lungenentzündung zuzuziehen. „Vor allem für COPD-Patienten in fortgeschrittenen Stadien wurden schwere Lungenentzündungen nachgewiesen, sie mussten häufiger auf die Intensivstation und wiesen eine höhere Mortalität auf“, erläutert Doz. Dr. Ingrid Stelzmüller, Pulmologin und Leiterin des Arbeitskreises Infektiologie und Tuberkulose der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie. Ein höheres Risiko für Pneumokokken-Infektionen wurde auch bei Asthmatikern mit einer schweren oder schlecht kontrollierten Erkrankung nachgewiesen (5).

 

Invasive Pneumokokken-Erkrankungen – selten, aber gefährlich

 

Pneumokokken können übrigens nicht nur Lungenentzündungen auslösen, sondern auch die sogenannten invasiven Pneumokokken-Erkrankungen (IPE). Invasiv wird eine Pneumokokken-Infektion dann, wenn die Erreger in Körperregionen gelangen, in denen normalerweise keine Keime vorkommen wie zum Beispiel im Blut oder im Gehirn (6).

Menschen mit Diabetes sind leider auch von diesen Erkrankungen häufiger betroffen als Gesunde,

so Brath. Unter 65-jährige Menschen mit Diabetes haben eine bis zu 4,6 Mal häufigere Wahrscheinlichkeit zu erkranken. Über 65-jährige Betroffene erkranken immerhin um 2,3 Mal häufiger als gesunde Personen gleichen Alters (7).

 

Wichtige Vorbeugungsmaßnahme: Die Pneumokokken-Impfung

 

Der österreichische Impfplan empfiehlt eine Impfung für Kleinkinder und Erwachsene ab 50 Jahren. Ebenfalls impfen lassen sollten sich Personen mit erhöhtem Risiko infolge von Erkrankungen, die das Abwehrsystem schwächen können. Weiters besteht eine Impfempfehlung für Menschen mit Immundefekten, nach Organtransplantationen oder mit chronischen Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Krankheiten, Krankheiten der Atmungsorgane (Asthma, COPD), Diabetes mellitus oder anderen Stoffwechselkrankheiten sowie Leberzirrhose, chronischer Niereninsuffizienz oder nephrotischem Syndrom (2).

 

Impfaktion angelaufen

 

„Leider ist den gefährdeten Personengruppen das Risiko meist nicht bewusst“, bedauert Dr. Christiane Körner, Präsidentin des Vereins zur Förderung der Impfaufklärung. „Genau deswegen wollen wir mit unserer Kampagne „Die unterschätzte Gefahr – Lungenentzündung durch Pneumokokken“ informieren und zur Impfung aufrufen.“ Mag. pharm. Susanne Ergott-Badawi, Mitglied des Präsidiums der Österreichischen Apothekerkammer schlägt in dieselbe Kerbe und ergänzt:

In der täglichen Praxis stellen die Apothekerinnen und Apotheker oft fest, dass die Impfung zu wenig bekannt und wenig genützt wird. Dabei ist die Pneumokokken-Impfung eine sehr effektive und kostengünstige Maßnahme in der Gesundheitsvorsorge.

Die aktuelle Pneumokokken-Impfaktion hat am 1. September begonnen und läuft den ganzen Winter bis 28. Februar 2018. Die Impfstoffe gegen Pneumokokken sind in allen 1.400 Apotheken in Österreich lagernd und auf Rezept vergünstigt erhältlich, kosten daher im Aktionszeitraum fast ein Drittel weniger.

 

Quelle: Presseinformation VFI: Pneumokokken: Unterschätzt, aber gefährlich; Bildinformation: Credit: VFI/APA-Fotoservice/ Katharina Roßboth;

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