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DAS BRUSTKREBSGEN – IST BRUSTKREBS VERERBBAR? FRÜHERKENNUNG, DIAGNOSE UND BEHANDLUNGSOPTIONEN

DAS BRUSTKREBSGEN – IST BRUSTKREBS VERERBBAR? FRÜHERKENNUNG, DIAGNOSE UND BEHANDLUNGSOPTIONEN

Univ.-Prof.Dr. Christian Singer, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Spezialist auf dem Gebiet Brustkrebs und Brustgesundheit, im Interview zum Thema: „das Brustkrebs-Gen“.


Credoweb: Macht es Sinn junge Frauen auf das Brustkrebsgen zu testen?

 

Prof. Singer: Ja, es macht durchaus einen Sinn, wenn es in der Familie ein gehäuftes Vorkommen von Brust- oder Eierstockkrebs gibt. Immer dann, wenn z.B. zwei oder mehr Frauen in einer Familie erkrankt sind, und – oder in einer anderen Linie ein Ovarialkarzinom besteht, ist die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Krebsgens hoch. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei etwa 10-20 % und dann macht es Sinn eine genetische Analyse anzubieten. Das entscheidet aber dann die Frau selbst, ob sie es machen lässt oder nicht. Aber es wäre die Grundlage für eine genetische Beratung. Für diese genetische Beratung gibt es in Österreich mehr als 90 Zentren. Wenn man wissen möchte, wo das nächste Zentrum sich befindet, dann kann man nachschauen unter: www.brustgenberatung.at.

 

Credoweb: Ab welchem Alter würden sie den Brustkrebsgen- Test empfehlen.

 

Prof. Singer: Wir empfehlen nicht, sondern wir klären auf, dass die Möglichkeit besteht ab dem 18. Lebensjahr eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Es ist so, dass die ersten Fälle von Brustkrebs ab dem 25. Lebensjahr bekannt sind. Es ist deshalb zu empfehlen ein solches Beratungsgespräch vor dem 25. Lebensjahr zu führen, wenn in der Familie gehäuft Brustkrebs vorkommt.

 

Credoweb: Wie wird die Testung durchgeführt und wie lange dauert so eine Testung?

 

Prof. Singer: Die Testung besteht aus einer simplen Blutabnahme, das ist keine große Geschichte. Der Zeitpunkt bis ein Ergebnis des Tests vorliegt hängt davon ab, wie stark die Zeit drängt. Wenn die Zeit drängt, dann schaffen wir es in 7-10 Arbeitstagen. Es dauert aber länger, wenn in der Familie noch keine Genmutation aufgetreten ist. Wenn eine Mutation bekannt ist, dann geht es schneller. Allerdings gibt es viele Frauen die es einfach mal wissen wollen ob sie ein erhöhtes Risiko haben und da gibt es längere Wartezeiten von mehreren Wochen.

 

Credoweb: Entfernt man sofort beide Brüste und die Eierstöcke bei einem positiven Test?

 

Prof. Singer: Nein, bei einem positiven Test wird die Patientin über den Befund und die Risiken aufgeklärt. Es gibt im Prinzip 3 Möglichkeiten für die Patientin wie sie dann damit umgehen kann. Eine Möglichkeit ist, den Kopf in den Sand zu stecken und nichts zu tun. Man hat dann eine 87%ige Wahrscheinlichkeit an Brustkrebs zu erkranken und eine 50%ige an Eierstockkrebs zu erkranken. Die 2. Möglichkeit ist die der Früherkennung. Man erkrankt zwar auch an Krebs, aber man hofft durch die Früherkennung den Krebs früh zu erkennen, dadurch die Heilungschancen zu verbessern und auch den Eingriff zu verkleinern. Die 3. Möglichkeit ist die, welche z.B. auch Angelie Jolie gewählt hat, eine vorbeugende Operation durchzuführen und damit reduziert man das Risiko an Brust oder Eierstockkrebs zu erkranken enorm. Wir werden in naher Zukunft bei Frauen, die noch nicht erkrankt sind und eine BrCA1 Genmutation aufweisen, eine große internationale Studie in Österreich starten, die wird durch eine große Studiengruppe (ABCSG) implementiert und supplementiert, wo wir Frauen eine Präventionsmedikation anbieten in Form einer Spritze, die wir alle halbe Jahre unter die Haut geben. Wir sind davon überzeugt, dass dies einen Schutzeffekt hat und in Zukunft auf diese große, massive Operation verzichtet werden kann.

 

Credoweb: Ab wann sollte man eine Brustrekonstruktion durchführen, oder soll man sofort bei der primären Operation die Rekonstruktion der Brust durchführen?

 

Prof. Singer: Wenn man sich entscheidet, so eine vorbeugende Operation durchzuführen, gibt es verschiedene Herangehensweisen, das hängt auch von der Größe und Form der Brust ab, wie man das am besten durchführt. Prinzipiell streben wir stets an die Brust sofort wieder zu rekonstruieren, sodass diese jungen, gesunden Frauen sozusagen mit Brüsten einschlafen und mit Brüsten wieder aufwachen. Aber das ist technisch nicht immer möglich. In solchen Fällen macht man einen verspäteten Aufbau, indem man einen Expander einsetzt den man langsam in den folgenden Wochen extrahiert und dadurch die Haut dehnt. Manchmal ist es notwendig, dass man die Brustwarze auch entfernen muss, weil es aus technischen Gründen nicht anders möglich ist. Im Prinzip ist es aber so, dass gerade bei jungen Frauen mit nicht so großen Brüsten, ein kosmetisches Ergebnis erzielt werden kann, dass einer Schönheits-Chirurgie entspricht. Wie bei einer kosmetischen Operation, wird unter der Brust ein Schnitt gemacht, entfernt das Drüsengewebe und ersetzt es durch Silikonimplantate. Dadurch ist von außen gesehen der Eingriff kaum noch sichtbar.

 

Credoweb: Wie geht man mit den Eierstöcken um?

 

Prof. Singer: Auch das entscheidet die Frau selbst. In anderen Ländern ist man da sehr viel restriktiver und empfiehlt den Frauen explizit die Entfernung der Eierstöcke und der Eileiter. Die Entfernung der Eileiter ist ganz wichtig, da sehr oft, beim Eierstockkrebs die Ursache vom Eileiter ausgeht. Es ist üblich, dass Frauen nach abgeschlossenen Kinderwunsch, also nach Familienplanung, so etwa mit 40 und bei vorliegender BRCA1 Mutationen, bei BRCA2 Mutationen bei ca. 45, so eine vorbeugende Eierstock- und Eileiterentfernung durchführen lassen. Man muss sich aber auch darüber im Klaren sein, dass dieser Eingriff viele Nebenwirkungen hat. Die Frau wird dadurch sofort in den Wechsel versetzt mit allen Nebenwirkungen. Wir hoffen aber darauf, dass wir in ein paar Monaten die obengenannte Studie anbieten können und dadurch den Frauen ersparen, die Eierstöcke entfernen zu lassen. Aber das wird noch die Zukunft zeigen. Das wäre dann die sicherste Methode.

 

Credoweb: Wie werden die jungen Frauen psychologisch aufgefangen?

 

Prof. Singer: Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Das Gentechnikgesetz verpflichtet uns, immer auf die Möglichkeit einer psychologischen Beratung hinzuweisen. Wir im AKH haben Psycho-Onkologen, die bei der Beratung anwesend sind, sowohl für Frauen, als auch für Männer. Männer können ja auch von einem Brustkrebsgen betroffen sein. Es ist uns besonders wichtig, dass die Betroffenen nicht allein gelassen werden, sondern die Möglichkeit haben sich mit Psycho-Onkologen, aber auch mit anderen Betroffenen, auszutauschen und dadurch in der Lage sind das Beste aus dieser Situation machen zu können.

 

*Interview durchgeführt von Constantin Dadak / Credoweb

 

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