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Tierversuchsfreie Forschungsmethoden

Tierversuchsfreie Forschungsmethoden

CredoWeb: Was gibt es an Alternativen zu Tierversuchen speziell im Bereich Medizin und Medikamentenherstellung?

 

Dr. Christopher Faßbender: Man kann toxikologische Testreihen machen mit In-vitro-Tests d.h. mit menschlichen Zellen. Dann gibt es 3D-Organmodelle an denen man die Verstoffwechslungsvorgänge testen kann. Eine ganz großartige Zukunfstechnologie sind „Organe auf Chips“ – dabei gibt es verschiedene menschliche Gewebe, die stellvertretend für Organsysteme im Kompletten entstehen zB Leber, Darm, Herz oder Lunge. Dabei werden fortlaufend weitere Chips entwickelt mit immer mehr Organsystemen darauf. Und damit kann man sowohl die Wirkung als auch die Verstoffwechselung von Medikamenten testen – also sowohl Pharmakodynamik als auch Pharmakokinetik. In diesem Bereich gibt es immer mehr Forschungsergebnisse – geben Sie einmal probeweise „Organe und Chips“ ein – da findet Google eine ganze Menge.

 

Dann gibt es auch noch computerunterstützte Verfahren, die man hier noch hinzuwerten kann. Man kann auch Bakterien oder Pilze als Frühindikatoren verwenden, sofern das übertragbar ist. Außerdem kann man mit freiwilligen Patienten geringe Mengen testen, wenn man vorher schon andere Untersuchungen mit Alternativmethoden gemacht hat.

 

 

Außerdem für die Medizin hilfreich ist die Epidemiologie, d.h. Zusammenhänge zwischen Risikofaktoren und Krankheiten in der Bevölkerung die man beobachten kann, welche aber schon bekannt sind. Für ein neues Medikament ist dies natürlich nur mittelbar hilfreich bzw. kann man da schon Parallelen ziehen zwischen bestehenden Informationen. Das gleiche gilt auch für bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MR).

 

Die klinischen Studien gibt es ja schon mit Freiwilligen im vorgeschriebenen Verfahren in der 2. Stufe der klinischen Phase. Gerade hier möchten wir eben doch andere Verfahren sehen, die denen voraus gehen. Wir fordern damit, dass Tierversuche beendet werden und auf tierversuchsfreie Verfahren umgestellt wird.

 

happy dog
 

CredoWeb: Was kann ich als „Arzt“ oder „Gesundheitsexperte“ tun, wenn ich mich für dieses Thema stark machen will?

 

Dr. Christopher Faßbender: Zunächst einmal ist es wichtig, sich zu informieren! Zum Beispiel können sie sich mit der Arbeit des PETA International Science Consortiums auseinandersetzen. Wir fördern tierversuchsfreie Forschungsmethoden. Beispielsweise die Produktion eines Diphterie-Antitoxins, das ohne Pferdeblut an der TU Braunschweig entwickelt wird. Wir publizieren Alternativmethoden in Wissenschaftsjournalen und Konferenzen. Wir organisieren Seminare und Workshops für Industrie- und Behördenvertreter. Zum Beispiel gab es in den USA einen Workshop zur Entwicklung eines In-vitro-Modells zur Inhalationstoxizität von Nanomaterialien.

 

Was kann man noch tun? Man kann sich mit den Ärzten gegen Tierversuche vernetzen und hier auch aktiv werden. Man kann gegenüber der tierversuchsbasierten Entwicklung der Pharmaindustrie kritisch auftreten. Außerdem kann man entsprechendes Infomaterial in der eigenen Praxis auslegen um damit auch die Patienten zu informieren.

Pferd glücklich

 

CredoWeb: Was kann ich als „Privatperson“ bzw. „Patient“ tun um mich gegen Tierversuche in der Forschung zu engagieren?

 

Dr. Christopher Faßbender: Sie können an Unterschriftenaktionen gegen die Tierversuchsindustrie teilnehmen. Zumindest in Deutschland gibt es in vielen Städten auch sogenannte „Street-Teams“ von PETA ZWEI – also lokale Aktivistengruppen, die öffentlichkeitswirksame Aktionen machen und an Demonstrationen teilnehmen.

Betreffend Medikamentenkonsum: Die Medikamente, für die Tierversuche gemacht wurden, die sind ja nun mal da und der Konsum dieser bewirkt ja nicht, dass weitere Tierversuche gemacht werden. Allerdings kann man auf Generika setzen, weil dann die Unternehmen die Tierversuche haben machen lassen, nicht mehr davon profitieren.


Interview geführt von: Christina Neumayer
Fotos: Mag. Christina Sorgmann

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