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PSYCHE UND SEXUALITÄT BEI STRAHLENTHERAPIE-PATIENTEN

PSYCHE UND SEXUALITÄT BEI STRAHLENTHERAPIE-PATIENTEN

Ass.-Prof.Mag. Kathrin Kirchheiner PhD, Klinische- und Gesundheitspsychologin und Psychoonkologin an der Universitätsklinik für Strahlentherapie, zum Thema Psyche und Sexualität bei Strahlentherapie-Patienten


Wie erkennt man psychisch kritische Patienten?

Auch ohne psychotherapeutische Ausbildung können Anzeichen von psychischen Distress, z.B. erhöhte Ängstlichkeit, Depressivität, Aggressivität etc. im ärztlichen Gespräch erkannt und aufgegriffen werden. Zudem stehen viele validierte und gut etablierte onkologische Screening Fragebögen zur Verfügung, welche mit hoher Sensitivität PatientInnen unter kritischer psychischer Belastung selektionieren. Der Informationsaustausch mit  dem multi-disziplinären Team (Pflege, Psychologie, Sozialarbeit etc.) gibt oft wertvolle Hinweise und verschafft zusätzliche Einsicht.


Wie kann man als Arzt ohne psychotherapeutischer Ausbildung die Patienten auffangen?
 

Von besonderer Bedeutung ist in der Onkologie eine solide psycho-soziale Anamnese und die Verbalisierung der emotionalen / psychischen Komponente auf der Meta-Ebene. Konkret bedeutet dies, PatientInnen auf ihre Emotionen bzw. ihre Reaktionen konkret anzusprechen und daraus ein entlastendes Gespräch zu entwickeln.  Aktives Zuhören und Eingehen auf die subjektive Erlebenswelt der Patientinnen schafft Vertrauen und bringt emotionale Erleichterung. Für PatientInnen unter besonderer psychischer Belastung ist ein erweiterter Zeitrahmen im ärztlichen Gespräch einzuplanen. Auch hier ist die multi-disziplinäre Zusammenarbeit von unschätzbarem Wert.


Welche Sexualprobleme haben Patienten die im Genitalbereich bestrahlt werden und welche psychische Probleme haben vor allem Frauen nach einer Brustkrebsstrahlentherapie?


Die Bestrahlung im weiblichen pelvinen Bereich kann mit Nebenwirkungen der Scheide einhergehen, welche Auswirkungen auf das Sexualleben haben. Am häufigsten kommt es durch die Bildung von Narbengewebe (Fibrose) zu einem Elastizitätsverlust der Scheide mit einer Verkürzung oder Verengung. Durch die Östrogenverminderung (Menopause) und Veränderung der Blutgefäße kann sich die Schleimhaut in der Scheide verändern, z.B. dünner werden (Atrophie) und so zu Scheidentrockenheit führen. Durch die Reaktionen der Schleimhaut auf die Strahlentherapie können Verklebungen entstehen, die dazu führen können, dass Teile der Scheidenwände fest miteinander verwachsen.  Eine regelmäßige Dehnung der Scheide hilft diese Verklebungen zu verhindern. Zudem kann eine Sexualberatung Patientinnen helfen, mit körperlichen aber auch seelischen Veränderungen durch die Krebsdiagnose und Therapie besser umzugehen.

 

(Interview durchgeführt durch Credoweb/Cd)

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