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Kryotherapie: Neuartige Kältetherapie im Kampf gegen Brustkrebs

Kryotherapie: Neuartige Kältetherapie im Kampf gegen Brustkrebs

Wo diese Therapie eingesetzt wird, wie genau die Tumorbehandlung aussieht und wer sich damit therapieren lassen kann erfahren Sie im folgenden Bericht


Kryotherapie: Neuartige Kältetherapie im Kampf gegen Brustkrebs


CredoWeb: Was versteht man im Allgemeinen unter einer Kryotherapie?

 

Univ.-Prof. Dr. Fuchsjäger: Die Kryotherapie ist eine Methode der minimal-invasiven Therapie, insbesondere bei Tumorerkrankungen, wie z.B. bei Brustkrebs. Sie wird noch nicht häufig eingesetzt, jedoch hat sie sich in den Studien, welche es bereits gibt, als sehr effektiv erwiesen.

 

Brustkrebs

 

CredoWeb: Wo wird diese Therapie in der Medizin eingesetzt?

 

Univ.-Prof. Dr. Fuchsjäger: Minimal-invasive Therapien generell können an den unterschiedlichsten Organen und Körperteilen eingesetzt werden. Sehr häufig werden sie bei Lebermetastasen, sprich bei sekundären Tumorablagerungen in der Leber, mit Radiofrequenzablation oder Mikrowelle durchgeführt, wobei diese beiden Methoden mit Hitze arbeiten – die Kryotherapie hingegen arbeitet mit Kälte. Wir müssen hier mit Temperaturen von -40°C bis -170°C arbeiten, damit wir erreichen, dass das Tumorgewebe abstirbt. Kurz gesagt, geht es hier um irreversible Zellschädigungen die zur Koagulationsnekrose führen.

 

CredoWeb: Bitte erklären Sie uns wie eine Tumorbehandlung mit dieser Therapieform abläuft!

 

Univ.-Prof. Dr. Fuchsjäger: Eine der großen Vorteile der Kryotherapie ist, dass eine Vollnarkose der Patientin nicht notwendig ist. Man kann die Kryotherapie der Brust unter lokaler Betäubung durchführen. Das ist deswegen möglich, weil das Brustrückengewebe zum einen prinzipiell eher wenig schmerzempfindlich ist und zum anderen Kältereize weniger Schmerzen verursachen wie zum Beispiel Hitzereize. Das heißt, man benötigt auch relativ wenig Lokalanästhetikum.

 

Spritze

 

Ansonsten ist der Ablauf beispielsweise ganz ähnlich einer Biopsie mit Ultraschall. Natürlich kann man den Vorgang auch unter Führung mit Computertomographie oder Magnetresonanztomographie durchführen, je nachdem, wo man den Tumor am besten sieht.

 

CT

 

Nach der Applikation der Lokalanästhesie wird eine Nadel in den Tumor platziert (bzw. nennt man diese im Fachjargon eine sogenannte „Kryosonde“). Danach wird die Richtigkeit der Lokalisation festgelegt und die eigentliche Behandlung beginnt.

 

Hier gibt es nun zwei unterschiedlich Methoden:


Eine arbeitet mit Argon Gas, das durch die Nadel strömt, wobei hier das Gas nicht AUS der Nadel strömt, sondern nur DURCH die Nadel.

 

Die andere Methode arbeitet mit flüssigem Stickstoff.

 

Bei beiden Methoden wird um die Nadel herum eine Temperatur von bis zu -170°C erreicht; wodurch das umgebene Gewebe sehr schnell einfriert.

Im Ultraschall, CT oder MRT ist nun ein Eisball zu erkennen, welcher sich um die Läsion gebildet hat. Idealerweise sollte dieser zumindest 5 mm oder besser noch 10 mm die Tumorgrenzen überragen, um sicherzustellen, dass alle Tumorzellen absterben bzw. dass alle erfroren werden.

 

Eisball

 

Es ist hierbei so, dass der Tumor zweimal eingefroren und dazwischen wird dieser Eisball wieder aufgetaut. Durch dieses Frieren – Auftauen – Frieren, sprich durch diese zyklusartige Abfolge, hat man erkannt, dass die Ergebnisse besser sind. Dies wird in einer Behandlung gemacht, wobei der gesamte Eingriff nur um die 40 min. dauert.

 

CredoWeb: Wer kann seine Krebserkrankung damit behandeln lassen? (Welche Art von Tumor? Ist jeder geeignet oder gibt es Gegenindikationen?)

 

Univ.-Prof. Dr. Fuchsjäger: Derzeit ist die Empfehlung, dass man damit eher kleine Tumore behandeln sollte um eine kurative Behandlung zu gewährleisten.

Die Tumore sollten also nicht größer als 2-3 cm sein, wobei sich die Größeneinteilung auch immer nach dem Brustvolumen der Patientin richtet. So kann beispielsweise auch ein 2cm großer Tumor bei einer sehr kleinen Brust schon zu groß für die Behandlung mit der Kryotherapie sein.

Da es nämlich zu Erfrierungen kommen kann, sollte der Eisball nicht zu nah an die Hautoberfläche heranreichen.

 

Die Kryotherapie der Brust ist derzeit noch keine Standardbehandlung, jedoch hat sie alle Zulassungen.

 

Ein Einsatzgebiet könnte in Zukunft bei älteren Frauen sein, bei welchen keine Vollnarkose mehr durchgeführt werden kann, aufgrund von anderen Begleiterkrankungen wie zB Herzerkrankungen oder Herzgefäßerkrankungen.

 

Ein weiteres zukünftiges Einsatzgebiet könnte eine Tumorbehandlung im palliativen Setting sein.

D.h. wenn man einen sehr großen Tumor hat, welchen man insgesamt nicht mehr kurativ behandeln kann, könnte man durch eine Kryotherapie jedoch die Tumorlast in jedem Fall verringern.

Mit der Kryotherapie kann man die Tumorzellen abtöten und es kommt zu keiner weiteren Aussaat mehr durch Tumorzellen über das Blut.

 

Ambitioniertere Ideen gibt es beispielsweise im Zusammenhang mit sehr kleinen Karzinomen bei jüngeren Frauen. Hier könnte man die Kryotherapie mit einer medikamentösen Therapie (zB Antihormontherapie) oder auch mit einer Chemotherapie kombinieren.

Die Kryotherapie ist auch eine Option, wenn man seinen Tumor nicht durch eine OP entfernen lassen möchte.

 

Ein wichtiger Punkt ist auch ein sogenannter Paradigmawechsel in diesem Fall, da man das Tumorgewebe nicht entfernt, sondern der Tumor nach der Kryotherapie im Körper bleibt. Das Tumorgewebe ist zwar tot und stellt somit keine Bedrohung mehr dar, jedoch ist der Tumor nach der Therapie immer noch durch einige Zeit spürbar. Dies muss klar mit den Patientinnen vorab kommuniziert werden.

 

Die Kryotherapie ist eine Therapieschiene, welche den Patientinnen in der Beratung mit allen relevanten Fachrichtungen wie der Gynäkologie, Strahlentherapie, Onkologie, Radiologie, Chirurgie etc. angeboten wird bzw. wird gemeinsam unter den Fachärzten entschieden, ob die Kryotherapie für die jeweilige Patientin geeignet ist oder nicht.

Als erstes Zentrum in Österreich haben wir an der Radiologie im Brustzentrum des LKH-Universitätsklinikums Graz diese Therapie schon erfolgreich durchgeführt.

 

 

Interview: Christina Neumayer/CredoWeb

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