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FSME: Halbwissen kann gefährlich werden

FSME: Halbwissen kann gefährlich werden

Unterschätzte Risiken und nicht eingehaltene Impfintervalle sind häufiges Phänomen.


38 Prozent der Bevölkerung in Österreich sind nicht adäquat gegen FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) geimpft. Besonders häufig trifft dieser Umstand auf kleine Kinder zu (1). Die Folge: 123 gemeldete FSME-Fälle im Jahr 2017, 20 davon bei Kindern (2). Auch wenn viele das annehmen: Geografisch gesehen ist man in Österreich nirgends vor einer Infektion sicher. Ganz Österreich gilt als „Zeckengebiet“ (3). Dazu kommt, dass man einen Zeckenstich oft gar nicht bemerkt, da schon winzig kleine Larven oder Nymphen zustechen können. Doch selbst wenn man ihn spürt: Das FSME-Virus wird unmittelbar nach dem Stich übertragen, da hilft auch eine rasche Entfernung des Tieres nicht.

 

Hohe Durchimpfungsrate, aber nicht immer korrekte Auffrischung


82 Prozent der Österreicher haben sich irgendwann einmal impfen lassen. Das klingt nach einer hohen Zahl, aber nur 62 Prozent dieser Personen sind auch tatsächlich im korrekten Impfschema. Das bedeutet, dass 38 Prozent der Bevölkerung nicht adäquat geimpft sind. Die Gründe dafür sind oft ganz simpel. 43 Prozent jener, die 2017 eine Auffrischung gebraucht hätten, aber keine bekamen, waren ganz einfach der Meinung, dass sie keine benötigten (1). „Dies unterstreicht einmal mehr, dass uns Ärzten eine entscheidende Rolle in der Impfaufklärung und -motivation zukommt“, erklärt Dr. Rudolf Schmitzberger, Leiter des Referats für Impfangelegenheiten der Österreichischen Ärztekammer. Bei knapp einem Viertel der irgendwann einmal Geimpften ist die Impfung länger als fünf Jahre her. „Bei dieser Gruppe ist der Impf-Bedarf also ganz besonders hoch, da davon auszugehen ist, dass der Schutz mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht mehr ausreichend ist“, warnt der Impfexperte.


Risiko wird nicht ernst genommen


Viele Österreicher unterschätzen auch trotz zahlreicher Aufklärungskampagnen und Impfaufrufe immer noch die Gefahr einer FSME-Infektion. Wie Umfragedaten aus dem letzten Jahr zeigen, glaubt jeder dritte Österreicher nach wie vor, dass das Risiko von einer Zecke gestochen zu werden, sehr gering ist. Das ist insofern eine erstaunliche Einschätzung, als 70 Prozent laut eigener Aussage bereits einen Zeckenstich erlebt haben. (1)

 

Wiese als typischer Aufenthaltsort

 

Und das ist auch kein Wunder, denn Zecken finden ihren Wirt in der Regel auf der Spitze von Grashalmen, auf Büschen und anderen Pflanzen, bis zu einer Höhe von etwa 1,5 Metern. Meist sogar darunter. Eine Wiese ist somit ein typischer Aufenthaltsort. Larven und Nymphen, also Vor-Entwicklungsstadien der Zecke, klettern oft nur ein paar Zentimeter hoch und finden sich damit sogar auf einem geschnittenen Rasen. „Somit sind auch der eigene Garten, die Parkwiese oder die Parkbank „Überfallsplätze“ für Zecken“ erläutert Priv.-Doz. Dr. Georg Duscher vom Institut für Parasitologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien.

 

Stich oft unbemerkt


Problematisch ist, dass nicht nur die relativ großen, weiblichen Zecken FSME-Viren in sich
tragen können. Die Nymphen, möglicherweise auch die Männchen und ganz selten sogar die Larven, sind ebenfalls Überträger. Am gefährlichsten sind die etwa ein Millimeter großen Nymphen, da ihr Stich meist nicht auffällt,

warnt der Zecken-Experte. „Zu 100 Prozent vermeiden kann man einen Stich auch durch Schutzmaßnahmen wie imprägnierte Kleidung nicht und die immer wieder zitierte Bernsteinkette ist völlig wirkungslos“, so Duscher weiter. „Bei Tieren schützen Hundehalsbänder oder sogenannte Auftropfpräparate gegen Zecken nur unvollständig. Gegen FSME bietet uns Menschen nur die adäquat durchgeführte Impfung wirklichen Schutz.

 

Erkrankungen können schwer verlaufen


Wer nicht oder nicht adäquat gegen FSME geimpft ist, geht also das Risiko ein, schwer zu
erkranken.
„Nicht immer führt eine Infektion zu einer Erkrankung. Wenn sie jedoch ausbricht,
verläuft sie meist in zwei Phasen“, erläutert Univ. Prof. Dr. med. Ursula Kunze vom Zentrum für Public Health der Medizinische Universität Wien. Nach einer Inkubationszeit von etwa acht Tagen treten erste grippeähnliche Symptome auf. Danach kommt es zu einem symptomfreien Intervall von durchschnittlich sieben Tagen, gefolgt von der zweiten Phase mit Befall des Zentralnervensystems (ZNS). Neben den Gehirn- oder Hirnhautentzündungen kann es auch zu Nervenschäden und Lähmungen kommen. Ungefähr ein Drittel der Patienten trägt langfristige Folgeschäden davon. In seltenen Fällen kann die Infektion auch zum Tod führen (0,7 Prozent). (3)


Impfintervall beachten

Die Durchimpfungsrate in Österreich ist prinzipiell gut, daher geht es jetzt vor alle darum, die Bevölkerung über die rechtzeitige Auffrischung zu informieren,

so Kunze. Unter 60-jährige müssen alle fünf Jahre, über 60-jährige alle drei Jahre zur Auffrischung. „Diese sollten idealerweise vor der Saison, können jedoch jederzeit durchgeführt werden. Bei Überschreitung des Impfintervalls ist eine nochmalige Grundimmunisierung nicht notwendig“, so die Expertin.

 

Wie die FSME-Impfung funktioniert (Fotocredit: ©Pfizer)

 

Impfen 2018


2018 impfen lassen sollten sich all jene, die:


‐ bisher ungeimpft waren;
‐ 2017 die Teilimpfungen 1 und 2 erhalten haben;
‐ 2015 die dritte Teilimpfung der Grundimmunisierung erhalten haben;
‐ Unter 60 Jahre alt sind und das letzte Mal 2013 geimpft wurden;
‐ Über 60 Jahre alt sind und das letzte Mal 2015 geimpft wurden;
‐ Bei denen unbekannt ist, wann die letzte Impfung durchgeführt wurde (3)

 

Kampagne und Impf-Aktion


„Um die Bevölkerung über die Gefahren einer FSME-Infektion zu informieren und über die Impfung aufzuklären, wurde auch heuer vom Verein zur Förderung der Impfaufklärung (VFI) eine Kampagne gestartet“, macht Dr. Christiane Körner, Apothekerin und Präsidentin des VFI auf die Aktion aufmerksam.

Wir raten allen Personen, die sich in Österreich aufhalten, rechtzeitig zur Impfung beziehungsweise Auffrischung zu gehen, denn nur so erreicht man einen fast 100-prozentigen Schutz.


„Auch die aktuelle FSME-Impfaktion von der Österreichischen Ärzte- und Apothekerkammer
hat bereits begonnen und läuft bis zum 31. Juli 2018“, ergänzt Mag. Susanne Ergott-Badawi
von der Österreichischen Apothekerkammer. „Die Impfstoffe sind in allen 1.400 Apotheken in
Österreich auf Rezept vergünstigt erhältlich.

 

Quellen:

(1) GfK Healthcare Oktober 2017, TBE Vaccination Status 2017, Data on file.
(2) Virusepidemiologische Information 03/18
(3) Österreichischer Impfplan 2018

Quelle: Presseinformation Fine Facts Health Communication / Verein zur Förderung der Impfaufklärung

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