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ÖÄK: Problem mit Kassenstellen wird sich weiter verschärfen

ÖÄK: Problem mit Kassenstellen wird sich weiter verschärfen

1400 Kassenstellen fehlen derzeit – und in den nächsten 10 Jahren werden 60 Prozent der Hausärzte in Pension gehen.

 

„Wahlärzte erfüllen eine wichtige Funktion", sagt Johannes Steinhart, zweiter Vizepräsident der ÖÄK. Die jüngst offengelegten Zahlen der Bundesregierung wundern Steinhart aber nicht. „Die Verschiebung in Richtung Wahlärzte ist notwendig", sagt der ÖÄK-Vizepräsident. Die Wahlärztinnen und -ärzte würden schlicht eine „Versorgungsschwäche" ausgleichen. Das Problem mit den Kassenstellen werde sich allerdings weiter verschärfen.

 

„Derzeit fehlen rund 1.400 Planstellen für Kassenordinationen und in den nächsten 10 Jahren gehen 60% der Hausärzte in Pension. Schon jetzt haben wir in Österreich 70 unbesetzte Kassenstellen, und keine Nachfolge ist in Sicht", so Steinhart. Die Gründe für den Zug zum Wahlarzt seien - für jene, die es sich leisten können - simpel: „Bei Wahlärzten kommen sie häufig schneller dran", sagt Steinhart. Außerdem würden viele Patientinnen und Patienten es schätzen, dass oft mehr Zeit fürs ärztliche Gespräch bleibe. Zwar habe sich auch die Politik immer wieder zur Wichtigkeit der Gesprächsmedizin geäußert, doch seitens der Krankenkassen habe es bisher kaum Reaktion darauf gegeben.

 

Kassentarife haben nicht mit Realität mitgehalten


Warum es immer schwieriger wird, Kassenstellen zu besetzen, ist für den Kurienobmann klar: „Die Tarife der Kassen haben mit der Realität nicht mitgehalten. Ärzte werden leider oft nur als Kostenfaktor betrachtet und mit Bürokratie überfrachtet." Junge Ärztinnen und Ärzte würden sich immer weniger für den Beruf Allgemeinmedizin entscheiden, da der Hausarzt besonders in strukturschwachen Regionen nicht mehr zu den Lebensentwürfen der jungen Ärzte passe.

 

Steinhart: „Die Medizin wird weiblicher. Rund 50 % unserer Absolventen sind Frauen – Tendenz steigend! Junge Kolleginnen gehen achtsam mit sich und ihren Familien um und gehen nur dann in die Niederlassung, wenn sie flexibel und in Teams arbeiten können und flexiblere Arbeitsmodelle bezüglich Nacht- oder Bereitschaftsdiensten bekommen. Mit einem derzeitigen Kassenvertrag sei das aber (noch) nicht möglich: zu wenig Zeit für die Patienten, schlechtere Honorare, Deckelungen und Degressionen, Überregulierung in allen Bereichen und vor allem ein enormer bürokratischer Aufwand im Vergleich zur Privatmedizin.

Jedes Jahr verlieren wir 4 von 10 Medizinabsolventen, die wir zwar um 230 Mio. Euro ausbilden, die dann aber in das Ausland gehen oder den Beruf wechseln. Auch hier müssen wir ansetzen und klar erkennen, dass unser System einfach nicht mehr attraktiv genug ist,

betont der ÖÄK-Vizepräsident.

 

Beruf Hausarzt muss attraktiver werden


Immerhin habe die ÖÄK aber gemeinsam mit der Stadt Wien und auch dem Land Steiermark für mehr Allgemein- und Kinderärzte bzw. -ärztinnen auf Kassenbasis sorgen können, doch der Bedarf sei in allen Bundesländern da. Auf der anderen Seite arbeite die ÖÄK vehement daran, den Kassenbereich attraktiver zu gestalten.

 

Steinhart:

Wir wollen junge Ärzte für den Beruf Hausarzt wieder begeistern können. Wir hoffen auf mehr Interesse und Attraktivität durch die Kassenform, oder zum Beispiel durch die Anstellungsmöglichkeit Arzt bei Arzt, sowie durch gezielte Förderung der Niederlassung durch Bund und Ländern.

Dazu sei man auch mit der Regierung im konstruktiven Gesprächen. Die aktuelle Ausgabenbremse bei den Kassen sei zwar nicht hilfreich, Steinhart zeigt sich aber zuversichtlich, dass die Bundesregierung den geplanten Ausbau der Primärversorgung gemeinsam weiter vorantreiben werde.

Quelle: Medieninformation der Österreichischen Ärztekammer

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