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5G-Netz kommt – Angst vor gesundheitlichen Schäden durch Smartphones & Co. berechtigt?

5G-Netz kommt – Angst vor gesundheitlichen Schäden durch Smartphones & Co. berechtigt?

CredoWeb im Interview mit OA Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. med. Hans-Peter Hutter

CredoWeb: Der Ausbau der 5G-Infrastruktur steht bis zum Jahr 2025 in Österreich in Planung! Ist die Angst vor gesundheitlichen Schäden durch noch mehr hochfrequentierte elektromagnetische Felder begründet?

 

OA Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. med. Hans-Peter Hutter: Zu unterscheiden ist die Frage von Wirkungen durch hochfrequente elektromagnetische Felder (HF-EMF) im Umfeld von Antennen von der körpernahen Nutzung des Mobiltelefons.

 

Frau mit Handy

 

Nüchtern betrachtet muss man feststellen, dass sich gewisse gesundheitlich nachteilige Effekte durch Mikrowellen rund um Basisstationen durch die bisher genutzten Mobilfunktechniken wie GSM, UMTS oder LTE nicht ausschließen lassen. Da 5G nicht nur stationär, sondern nun auch in mobilen Quellen, also in Fahrzeugen aller Art, eingesetzt werden wird, ist von weiteren zusätzlichen, neuen Belastungssituationen auszugehen. Deren Ausmaß ist heute schwer einschätzbar.

 

Hinsichtlich der Nutzung von Mobiltelefonen muss auf die Einstufung der Mikrowellen als möglicherweise krebserregend durch die IARC-WHO (=International Agency for Research on Cancer – World Health Organisation) verwiesen werden. Diese Einschätzung basieren auf der Gefährdungseinschätzung für spezielle Kopftumoren und ist jetzt schon ernst zu nehmen.

 

Fazit: Obwohl Angst vor zusätzlichen massiven Beeinträchtigungen nicht angebracht ist, ist dies sicher kein Freibrief für eine noch stärker ausufernde, hirnlose Nutzung.
Sorglosigkeit ist ebenso wie Angst fehl am Platz.

 

CredoWeb: Von welchen möglichen Gesundheitsschäden ist hier die Rede?

 

OA Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. med. Hans-Peter Hutter:

 

5G ist die nächste Mobilfunktechnik, die so wie die Mobilfunk-Generationen davor praktisch ohne große

Überlegungen hinsichtlich gesundheitlicher Verträglichkeit und auch anderen gesellschaftlichen Folgen - Stichwort Suchtverhalten – eingeführt wird.

 

Jedenfalls liegen bisher keine ausreichenden Daten zu Fragen der Auswirkungen dieser speziellen HF Strahlung auf biologische Systeme vor. Wir können daher nur von vorliegenden Erkenntnissen ausgehen,  die bisher zu anderen hochfrequenten Funktechniken vorliegen.

 

Wie erwähnt, stehen vor allem Befindlichkeitsstörungen wie etwa Kopfschmerzen und Müdigkeit in Abhängigkeit von der Intensität im Vordergrund, wenn es um die Exposition rund um Antennen geht.

 

Kopfschmerzen

    

Anders liegt die Situation hinsichtlich einer langfristigen Mobiltelefonnutzung. Hier besteht ein erhöhtes Risiko für spezielle Hirntumoren wie dem Akustikusneurinom oder Gliomen. Auch hier spielt die Dauer und die Häufigkeit der Nutzung eine entscheidende Rolle.

 

CredoWeb: Gibt es ausreichende Forschungsergebnisse zu dieser Thematik, welche für die geplante 5G-Infrastruktur vorliegen?

 

OA Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. med. Hans-Peter Hutter:

 

Nein, diese gibt es nicht!

 

Zu den Auswirkungen auf biologische Systeme liegen praktisch keine Daten vor, sondern nur

theoretische Annahmen, etwa dass die Eindringtiefe aufgrund der vergleichsweise höheren Frequenzen (sofern nicht auch die im Prinzip von 5G nutzbaren niedrigeren Frequenzen eingesetzt werden) geringer als etwa bei GSM 900 bzw. 1800 ist.

 

Während Fragen zu den Grundlagen für eine fundierte Risikoabschätzung von Gesundheitsfolgen im Hintergrund stehen, dominiert der Hype rund um die viel höhere Datenrate und Kapazität des 5G-Netzes.

 

Leider ist dies nichts Neues. Schon bei der Einführung von GSM oder UMTS standen wir vor dieser Situation.

 

Ärztegruppen haben schon damals vielfach auf diese Mängel und fahrlässige Vorgehensweise in Bezug auf eine fundierte Risikoabschätzung aufmerksam gemacht. Gekümmert hat dies die verantwortliche Politik nicht.

 

Gleichgültigkeit

 

Dass daraus nicht gelernt wurde, ist enttäuschend und wenig verständlich. Gerade was die offensichtliche immer stärkere Abhängigkeit, insbesondere von Kindern und Jugendlichen angeht, die ja auch in der Öffentlichkeit für Diskussionen und Ratlosigkeit gesorgt hat, sollte doch etwas weniger Digitalisierungswahn vorherrschen.

 

Kind mit Smartphone

 

Angesichts dieser Ausgangssituation ist eher die unbekümmerte Art der Mobilfunkindustrie, die sich nur um technische und wirtschaftliche Aspekte ernsthafte Gedanken macht, zu hinterfragen. Sie zeigt nach wie vor keinen Willen, eine echte Technikfolgenabschätzung durchzuführen.

Stattdessen setzt sie gerne auf breites Bashing unabhängiger Wissenschaft. Und das selbst, obwohl diese die Technik nicht generell ablehnt, sondern vielmehr auf einfache Maßnahmen und Empfehlungen setzt.

 

Letztlich ist zu befürchten und in Ansätzen bereits spürbar, dass die wenig rücksichtsvolle Art der Telekommunikationsbranche auch auf andere Industriezweige überschwappen kann.

 

CredoWeb: Wie kann man sich selbst besser vor dieser Strahlung, die von Smartphones, WLAN & Co. ausgeht schützen?

 

OA Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. med. Hans-Peter Hutter: Im Grunde ist es gerade, was die

Nutzung des Smartphones angeht, relativ einfach seine Exposition zu reduzieren.

 

Einfache Maßnahmen wie Telefonieren mit Freisprecheinrichtung oder auch beim Kauf des Gerätes auf eine geringe SAR (Spezifische Absorptionsrate = Maß für die Absorption von elektromagnetischen Feldern in biologischem Gewebe oder einem andern Material) zu achten, sind nur Beispiele.

 

Schon seit Langem empfehlen namhafte Organisationen wie u.a. der Oberste Sanitätsrat vorsorglich einige Maßnahmen bei der Nutzung zu beachten und insgesamt einen umsichtigen Umgang mit der Technologie.

 

Angesichts der nun auch stärker spürbaren psychosozialen Folgen durch die 24/7-Nutzung

(Stichwort: Smartphone-Sucht!) fragt man sich allerdings, wann dieser stattfinden wird.

 

Smartphone Sucht

 

Was 5G anlangt, kann man wegen der noch nicht genau bekannten Einsatzbereiche noch keine konkreten Empfehlungen zur Minimierung der eigenen Exposition geben.

 

Interview: Christina Neumayer/CredoWeb

Kommentare

Nikola  Jandric
30 Aug 2018 09:21

Genau diese "hirnlose Nutzung" vor der Sie warnen, ist wohl das größte Problem in unserer Gesellschaft. Mehr Achtsamkeit und Bewusstsein im Umgang mit Mobilfunk ist gewiss aktuell der beste Weg sich zu schützen, alles andere ist wohl nicht realistisch, zu abhängig sind wir schon von diesen Geräten. Bei längeren Telefonaten verwende ich Kopfhörer. 


Welcher SAR-Wert ist denn aus Ihrer Sicht akzeptabel, bzw. sollte vom Konsumenten eingefordert werden? 

Hier übrigens ein älterer Artikel aus www.derstandard.at:
https://derstandard.at/2000045738678/Funkstrahlung-iPhone-7-bei-SAR-Wert-deutlich-vor-iPhone-6s