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Herzklappenerkrankungen werden oft nicht erkannt

Herzklappenerkrankungen werden oft nicht erkannt

Bei den gefährlichsten Erkrankungen gibt es im öffentlichen Bewusstsein oft "große Unbekannte". Eine solche stellen die Herzklappenerkrankungen dar, wie jetzt auch eine repräsentative Umfrage unter 1.001 über 60-Jährigen in Österreich ergab. So werden europaweit viel zu wenige dieser der Erkrankungen diagnostiziert, noch weniger behandelt, hieß es bei einer Pressekonferenz in Wien.

 

Die häufigsten Herzklappenerkrankungen sind Erkrankungen der Mitralklappe und Aortenklappenstenosen. Die Ursache liegt oft in der Atherosklerose. "Unbehandelt führen 50 Prozent der Aortenklappenerkrankungen nach dem Auftreten von Symptomen innerhalb eines Jahres zum Tod. Schätzungen zufolge könnten in Österreich bis zu 115.000 der über 65-Jährigen von einer Aortenstenose betroffen sein. Tatsächlich gibt es jährlich nur wenige tausend Behandlungen", sagte Martin Thoenes (Edwards Life Sciences).

 

Für Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die skandinavischen Länder und Italien wurde für 2016 mit fast 700.000 Betroffenen gerechnet. Die Zahl der wegen Aortenklappenschäden Behandelten betrug aber nur rund 100.000. Dafür kommen eine offene Operation oder das Implantieren einer künstlichen Aortenklappe per Katheterintervention infrage.

 

Gründe für die Defizite dürften in mangelnder Bewusstseinsbildung für diese Gefahren liegen. Christian Hengstenberg, Leiter der Kardiologie am Wiener AKH (MedUni Wien) führte die Daten aus der repräsentativen Umfrage an, bei der es auch um die am meisten gefürchteten Erkrankungen ging: "24,1 Prozent fürchten sich vor Krebs, 18,8 Prozent vor Morbus Alzheimer und 15,1 Prozent vor dem Schlaganfall. Dabei sind die Herz-Kreislauf-Erkrankungen am schlimmsten. Die Herzklappenerkrankungen liegen bei den am meisten gefürchteten Erkrankungen mit nur 1,6 Prozent weit zurück."

 

Eine Arzt-Patientenplattform soll für mehr Aufmerksamkeit für diese Krankheiten sorgen. An sich gäbe es gute Behandlungsmöglichkeiten. Bei jüngeren Patienten und Betroffenen ohne erhöhtes Operationsrisiko entschließt man sich häufiger für die chirurgische Intervention bei Aortenklappenschäden. Bei älteren Patienten und Kranken mit höherem Operationsrisiko erfolgt ein Klappenersatz per Katheterintervention (TAVI). Beim Ersatz der Aortenklappe durch die interventionelle Kardiologie (Implantation durch Kathetereingriff) hat sich gezeigt, dass nicht nur Patienten mit einem hohen, sondern auch Patienten mit einem mittleren Risiko mindestens gleich gut, wenn nicht sogar etwas besser behandelt werden können als per offener Chirurgie.

 

In Deutschland werden pro Jahr rund 15.000 dieser Eingriffe durchgeführt. Die Krankenhaus-Sterblichkeit ist dort laut aktuellen Zahlen bei Patienten mit hohem und mittlerem Risiko nach TAVI signifikant niedriger als bei einem chirurgischen Eingriff (11,3 Prozent versus 23,6 Prozent bzw. 4,1 Prozent versus 9,2 Prozent).

 

Sogar bei Niedrigrisiko-Patienten war die Mortalität nach den beiden Eingriffen vergleichbar (1,6 Prozent versus 1,4 Prozent). Derzeit liegt die Sterblichkeit der Patienten innerhalb des ersten Jahres nach TAVI-Eingriff bei drei bis vier Prozent. Vor einigen Jahren waren es noch etwa zehn Prozent. Es gibt auch zunehmend Belege dafür, dass die TAVI-Klappen auch langfristig funktionstüchtig bleiben.

Quelle: APA

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