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Wir können es uns nicht leisten KEINE Bewegung zu machen - Praxistipps aus der Physiotherapie

Wir können es uns nicht leisten KEINE Bewegung zu machen - Praxistipps aus der Physiotherapie

Wir können es uns nicht leisten KEINE Bewegung zu machen - Praxistipps aus der Physiotherapie

CredoWeb im Interview mit FH-Professorin an der Fachhochschule Campus Wien & Physiotherapeutin Frau Mag. Dr. Ursula Eckler

 

CredoWeb: „Man soll sich regelmäßig & ausreichend bewegen“ lautet die Regel!
Doch wie oft & wie lange bedeutet regelmäßig und rausreichend?

 

FH-Prof. Mag. Dr. Ursula Eckler: Die von der WHO (= World Health Organisation) ausgegebenen Richtlinien (Global Recommendations on Physical Activity for Health) können auch als Empfehlung für gesundheitsfördernde Bewegung in Österreich übernommen werden.

 

Grundsätzlich gilt:

Art und Dosierung sind abhängig vom Bewegungsziel, von individuellen Vorlieben und Möglichkeiten und vom Ausgangsniveau.

Folgende Richtwerte oder Grundregeln gelten für untrainierte Erwachsene:

 

Pro Woche:

 

  • 150 min. körperliche Aktivität mit moderater Intensität (man kann noch reden, aber nicht mehr singen) oder
  • 75 min. mit intensiver Intensität (es ist kein durchgehendes Gespräch mehr möglich) oder
  • Kombinationen mit unterschiedlicher Intensität

 

Die Aktivität sollte auf möglichst viele Tage verteilt sein und pro Bewegungseinheit mindestens 10 min. dauern. An zwei oder mehr Tagen pro Woche sollte man zusätzlich kräftigende Aktivitäten hinzufügen.

 

Ein zusätzliches Gleichgewichtstraining ist dann zu empfehlen, wenn es nicht schon in der körperlichen Aktivität enthalten ist.

 

Yoga

 

Dabei ist die Dosis-Wirkungs-Beziehung zu beachten:

Die Dosis muss laufend der Wirkung angepasst werden, d.h. wenn auch bei wirksam werdenden Training ein weiterer Trainingseffekt erzielt werden soll, muss die Dosis dementsprechend erhöht werden.

Wenn das Leistungsniveau über einen längeren Zeitraum gehalten werden soll, dann kann auch die Dosis beibehalten werden.

Bei bestehender Erkrankung muss darüber hinaus krankheitsspezifisch individuell angepasst werden.

 

CredoWeb: Welche Sportarten sind besonders zu empfehlen?

 

FH-Prof. Mag. Dr. Ursula Eckler:

 

Ganz allgemein gilt:

Viel bewegen aber wenig belasten!

Besonders für den Anfang ist Sportarten mit möglichst wenig Impact (reduzierte Stoßbelastung!) den Vorzug zu geben, also z.B. Nordic Walking oder Rad fahren statt Laufen.

 

Nordic Walking

 

Es ist wichtig, persönliche Vorlieben zu berücksichtigen.

Nur wer eine Sportart wählt, die man grundsätzlich mit Freude betreibt, hat eine Chance auch dabei zu bleiben. Wer z.B. Spaß an Ballsportarten hat, sollte nicht einsame Radtouren als bevorzugte Bewegungsaktivität wählen.

 

Die Sportart muss auch zur Lebenssituation passen, d.h. die Möglichkeiten der Sportausübung zu berücksichtigen. Wer z.B. zum Schwimmbad einen langen Anfahrtsweg hat, sollte vielleicht eher eine Sportart wählen, die ohne viel Zeitaufwand mehrmals die Woche ausführbar ist.

Wer beispielsweise durch Bewegung in der Gruppe leichter die Motivation halten kann, sollte sich auch eine Aktivität suchen, bei der man mit Gleichgesinnten zusammentrifft.

 

 

CredoWeb: Ist gezieltes Muskeltraining genauso wichtig wie Ausdauersport?

 

FH-Prof. Mag. Dr. Ursula Eckler: Um Bewegungsaktivitäten für die Erhaltung der Gesundheit zu nutzen, ist ein Mix aus Ausdauer- und Krafttraining am wirkungsvollsten.

Ein regelmäßiges Krafttraining in der richtigen Dosierung führt zum Aufbau von Knochenmasse, senkt das Frakturrisiko und wirkt der Entstehung von Osteoporose entgegen.

workout

 

Die Muskelmasse erfährt einen Anstieg, die Erhöhung der Kraft führt zu einer besseren Stabilisierung der Gelenke und beugt damit Abnützungserscheinungen vor.

 

Regelmäßiges Ausdauertraining in der richtigen Dosierung wirkt sich positiv vor allem auf das Herz-Kreislauf-System sowie auf das Gefäßsystem aus.

 

Um möglichst vielen Risikofaktoren entgegenzuwirken ist ein ausgewogenes Muskelkraft- und Ausdauertraining empfehlenswert.

 

CredoWeb: Warum ist körperliche Bewegung für unseren Körper eigentlich so essentiell?

 

FH-Prof. Mag. Dr. Ursula Eckler:

Ganz allgemein gilt: Use it or loose it! Was wörtlich übersetzt bedeutet: Benutze es oder verlier es!

Unser Körper ist nur so fit, wie wir es ihm abverlangen.

Bewegungsaktivitäten wirken sich auf alle Systeme des menschlichen Körpers positiv aus:

 

Gelenke, Muskulatur, Knochen profitieren! (siehe weiter oben!)

 

Betreffend unseres Herz-Kreislaufsystems und Organsystems kann man sagen, dass regelmäßige Bewegung in der richtigen Dosierung

 

  • das Risiko für eine Herzerkrankung reduziert,
  • sich positiv auf die Blutfettwerte auswirkt,
  • die Arbeit des Immunsystems unterstützt,
  • das Risiko des Auftretens von Diabetes Typ II reduziert und
  • die Kontrolle des Blutzuckerspiegels verbessert.

Die Belastbarkeit des Gefäßsystems sowie Symptome bereits bestehender Gefäßerkrankungen werden positiv beeinflusst.

 

Das Risiko an Krebs zu erkranken, wird reduziert. Bewegungsmangel ist einer der Risikofaktoren für viele verschiedene Krebserkrankungen!

Regelmäßige körperliche Aktivität in der richtigen Dosierung reduziert das Risiko einen Schlaganfall zu erleiden, an Morbus Alzheimer zu erkranken und wirkt der natürlichen Neurodegeneration (Abbau von Nervenzellen) entgegen.

 

Gehirn

 

Regelmäßige körperliche Aktivität in der richtigen Dosierung fördert den Stressabbau, trägt zur Stimmungsaufhellung bei und hat ähnliche positive Auswirkungen auf Depressionen wie manche Psychopharmaka.

 

 

Die Erhaltung von Bewegungskoordination und Gleichgewichtssinn durch regelmäßiges Training in der richtigen Dosierung ist eine wirksame Maßnahme gegen altersbedingten Verlust von motorischen Fähigkeiten und die beste Sturzprophylaxe.
 

Fazit:

 

Bei so vielen positiven Auswirkungen können wir es uns nicht leisten, keine Bewegung zu machen!

 

Interview: Christina Neumayer/CredoWeb

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