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Die Wahrheit über Cholesterin

Die Wahrheit über Cholesterin

Die Wahrheit über Cholesterin

CredoWeb im Interview mit Universitätsprofessor & Facharzt für Innere Medizin Dr. med. Peter Lechleitner

 

CredoWeb: „Wir müssen auf unsere Cholesterinwerte Acht geben“ heißt es seit jeher! Ist dies nach heutigem Wissensstand wirklich so enorm wichtig und was passiert, wenn wir das nicht tun?

 

Prim. Univ.-Prof. Dr. med. Peter Lechleitner: Auf unsere Cholesterinwerte müssen wir vor allem dann Acht geben, wenn schon einmal eine Erkrankung des Herz-Kreislaufsystems bekannt wurde wie

 

  • Angina pectoris (= Herzenge, Brustenge),
  • Herzinfarkt,
  • Schlaganfall oder „Schlagerl“,
  • PAVK (= Periphere arterielle Verschlusskrankheit bzw. Schaufensterkrankheit)

oder weitere Risikofaktoren für das Entwickeln von Herz-Kreislauferkrankungen vorliegen wie

 

  • Blutzuckererkrankung,
  • Rauchen,
  • Bluthochdruck oder
  • Fettleibigkeit.

 

Fettleibigkeit

 

Anders ausgedrückt, ein mäßig erhöhter Cholesterinwert ist bei einem gesunden Menschen, welcher frei von Risikofaktoren ist, keine Bedrohung.

 

Wenn aber bereits Krankheiten des Herz-Kreislaufsystems oder eine relevante Risikokonstellation vorliegen, dann gewinnt das erhöhte Cholesterin als verstärkender Risikofaktor an Bedeutung.

Zum Beispiel ist gut untersucht, dass bei Menschen, die bereits einen Herzinfarkt durchgemacht haben oder an Herzkranzgefäßverengungen leiden, eine besonders radikale Senkung des Cholesterinspiegels zum Hintanhalten weiterer, allenfalls tödlicher Ereignisse, führt.


Die Sorge, dass dabei der Cholesterinwert zu niedrig wird und somit auch schaden kann, ist - abgesichert durch breite Untersuchungen - unberechtigt.


Allerdings sei angemerkt, dass Cholesterin ein lebenswichtiger Stoff ist, den der Organismus zwingend zum Zellaufbau benötigt und ohne den auch keine Hormone, Vitamin D oder Gallensäure hergestellt werden können.

Cholesterin ist also kein Gift, sondern ein wichtiger körpereigener Stoff, der aber unter bestimmten Umständen bei zu hoher Produktion schaden kann.

 

CredoWeb: Welche Lebensmittel treiben die Cholesterinwerte nach oben?

 

Prim. Univ.-Prof. Dr. med. Peter Lechleitner: Im Vordergrund stehen hier vor allem verarbeitete Fleischprodukte und Wurstwaren, Innereien und fettreiche Milchprodukte.

 

Wurst


Dabei muss allerdings angeführt werden, dass die Ernährung nur einen geringen Einfluss auf den Cholesterinspiegel hat, zumal unser Cholesterin überwiegend selbst in der Leber produziert wird und nur über 10 % aus der Nahrung stammt. Somit sind auch genetische Faktoren ein wichtiger Bestandteil der Cholesterinregulierung.

 

In der Ernährungswissenschaft hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass vor allem die Qualität der Fette eine wichtige Rolle spielt. So sollen gesättigte Fettsäuren schlechter sein als ungesättigte.

Diese Erkenntnis ist allerdings durch eine jüngst publizierte große Ernährungsstudie (PURE) ins Wanken geraten. Lt. dieser Untersuchung können auch gesättigte Fettsäuren einen Schutz vor Schlaganfall darstellen. Es ist also einiges im Fluss und vermutlich müssen die Ernährungsbücher umgeschrieben werden.

 

 

Ziemlich sicher ist allerdings, dass ein hoher Kohlenhydratkonsum, wenn er mehr als 60 % unserer Energieaufnahme ausmacht, für unser Herz-Kreislaufsystem schadhaft ist.

Es empfiehlt sich daher, vor allem Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte in unserem Speiseplan zu bevorzugen. Dabei gilt die Faustregel, dass etwa ein Drittel unseres Mahlzeittellers aus Gemüse bestehen sollte.

Weiters sollten ballaststoffreiche Produkte, wie Vollkornprodukte und Hafer, Hülsenfrüchte (wie Bohnen, Linsen, Erbsen), Fisch reich an sogenannten Omega-3-Fettsäuren (wie Makrele, Hering oder Lachs) sowie Pflanzenöle und Nüsse bevorzugt werden. Dies ist am ehesten in einer so genannten mediterranen Kost verwirklicht.

 

 

CredoWeb: Hat Alkohol Einfluss auf Cholesterin?

 

Prim. Univ.-Prof. Dr. med. Peter Lechleitner: Zwischen Alkohol und Cholesterin gibt es keinen direkten Zusammenhang, was das krankmachende Cholesterin, nämlich das oxydierte LDL-Cholesterin anbelangt.
Möglicherweise wird durch Alkohol das HDL-Cholesterin geringfügig erhöht, was sogar protektiv sein kann.

Die Konsumation von 1 – 2 Gläsern Wein beim Mann oder 1 Glas Wein bei der Frau pro Tag, aber mit zwei alkoholfreien Tagen in der Woche, scheint einen protektiven Effekt auf die Gefäßverkalkung zu haben.


Keineswegs sollte aber deshalb Alkohol als Medikament verordnet werden, da die Nachteile bei Neigung zu höherer Konsumation bei weitem überwiegen.

 

 

Alkohol erhöht jedoch die Triglyceride, welche neben dem Cholesterin einen weiteren beachtenswerten Blutfettanteil darstellen und ebenfalls mit Herz-Kreislauferkrankungen in Verbindung stehen.

CredoWeb: Welche Nahrungsmittel beeinflussen unsere Cholesterinwerte positiv?

 

Prim. Univ.-Prof. Dr. med. Peter Lechleitner: Es gibt zahlreiche Nahrungsmittel, welche einen positiven Effekt auf Cholesterinwerte ausüben können.

Ballaststoffreiche Kost, wie Vollkornbrot, Dinkel, dunkle Reissorten, Gemüse und Obst gehören dazu.

Vor allem Äpfel haben einen hohen Pectingehalt und senken so das LDL-Cholesterin.

 

Apfel


Außerdem sind es Pflanzenöle wie Raps-, Hanf-, Lein- oder Olivenöl, Avocados (obwohl sie sehr fett sind) Hülsenfrüchte wie Bohnen und Linsen, die oben angeführten Fischsorten, Sojaprodukte wie Tofu, grüner Tee, Mandeln, Pistazien, Walnüsse und sogar Schokolade mit hohem Kakaoanteil.

 

Schokolade

 

Schließlich werden auch noch positive Effekte von Kurkuma, Flohsamenschalenpulver und Knoblauchextrakt berichtet.

Bei letzterem wird allerdings die Dosis so hoch benötigt, dass die Verträglichkeit unter Mitmenschen in Zweifel gestellt wird.

 

 

Interview: Christina Neumayer

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