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Blutarmut im Alter

Blutarmut im Alter

CredoWeb im Interview mit Experten und Leiter des Instituts für medizinische und chemische Labordiagnostik und Blutbank am Landesklinikum Mistelbach-Gänserndorf Prim. Dr. med. Harald Rubey

 

CredoWeb: Warum ist der rote Blutfarbstoff so wichtig für unseren Körper?

 

Prim. Dr. med. Harald Rubey: Der rote Blutfarbstoff Hämoglobin spielt eine entscheidende Rolle für den Sauerstofftransport im Blut.

Hämoglobin, der rote Blutfarbstoff, befindet sich im menschlichen Körper überwiegend in den roten Blutkörperchen (Erythrozyten), denen er ihre Farbe verleiht. In geringen Mengen kommt Hämoglobin aber auch frei im Blut vor.

Das Hämoglobin in den roten Blutkörperchen enthält Eisen und ist dadurch fähig, Sauerstoff zu binden und zu transportieren.

Die Transportkapazität des Blutes für Sauerstoff wird nahezu ausschließlich durch den Hämoglobingehalt des Blutes bestimmt. Beim Vorliegen erniedrigter Hämoglobinwerte im Blut (und meist damit einhergehender Verminderung der roten Blutkörperchen) spricht man von Blutarmut (Anämie).

 

 

CredoWeb: Was sind mögliche gesundheitliche Probleme, die bei einer Blutarmut auftreten können?

 

Prim. Dr. med. Harald Rubey:

Anzeichen einer Anämie sind folgende:

  • allgemeine Müdigkeit
  • eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit
  • Atemnot und Herzklopfen bei Belastung
  • Kopfschmerzen
  • Konzentrationsstörungen
  • Blässe

 

Mögliche Symptome einer Anämie. (Siehe auch de:Anämie#Symptome). Model: Mikael Häggström. Lizenz: gemeinfrei
Mögliche Symptome einer Anämie. (Siehe auch de:Anämie#Symptome). Model: Mikael Häggström. Lizenz: gemeinfrei

 

Bei schleichendem Beginn werden diese Veränderungen gar nicht wahrgenommen oder im fortschreitenden Alter als üblich angesehen.

Bei PatientInnen im höheren Lebensalter kann Anämie zu Einschränkungen in der physischen und kognitiven Funktionalität führen.
Auch der Einfluss auf Erkrankungshäufigkeit und Sterblichkeit ist nachgewiesen.

Anämie kann als Risikofaktor für multifunktionelle Einschränkungen im Alter angesehen werden und damit die klinische Entwicklung eines gleichzeitig an verschiedenen Krankheiten leidenden geriatrischen Patienten entscheidend beeinflussen.

 

CredoWeb: Was sind die Ursachen für Blutarmut im Alter?

 

Prim. Dr. med. Harald Rubey:

 

Es können drei wesentliche Ursachen für die Blutarmut unterschieden werden:

 

1.      Blut geht dem Körper verloren bei folgenden Szenarien:

  • Verletzung
  • verborgene (okkulte) Blutung im Magen- Darmtrakt
  • starke Regelblutung (trifft im Alter nicht mehr zu)

 

2.      Blut wird nicht genügend nachgebildet bei:

  • Aufnahmestörung von wichtigen Nahrungsstoffen (Eisenmangel, Vitamin-B12-Mangel & Folsäuremangel)
  • Erythropoetinmangel (= Wachstumsfaktor für die Bildung roter Blutkörperchen)
  • Knochenmarkserkrankung

 

3.      Blutkörperchen leben kürzer als normal bei folgenden Erkrankungen:

  • Hämolyse (Auflösung von Erythrozyten durch Zerstörung der Zellmembran)
  • mechanischer Herzklappe
  • Autoimmunerkrankung


CredoWeb: Wie erfolgt die Diagnose & was sind in weitere Folge die zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten?

 

Prim. Dr. med. Harald Rubey: Zur Diagnosesicherung muss eine Blutuntersuchung durchgeführt werden.

Sind rote Blutkörperchen und/oder Blutfarbstoff (Hämoglobin) vermindert, werden zur genaueren Unterscheidung verschiedene Blutwerte wie Eisen, Ferritin, Transferrin, Vitamin B 12, Folsäure, das mittlere Erythrozytenvolumen (MCV), der mittlere Hämoglobingehalt der Erythrozyten (MCHC) und die Retikulozyten (Vorstufe der Erythrozyten) im Blut gemessen.

 

 


Eine Verminderung der Retikulozyten ist ein Hinweis für eine Bildungsstörung (zB durch eine Knochenmarksschädigung), eine Erhöhung für einen vermehrten Verbrauch der Erythrozyten durch Abbau oder Verlust.

 

Im Blutausstrich werden alle Blutzellen unter dem Mikroskop genau betrachtet. Es werden Veränderungen der Form und der Größe der Erythrozyten festgehalten.

 

Normales Blutbild:

 

 

Blutbild bei einer Eisenmangelanämie:

 

Blutbild Eisenmangelanämie


Der Großteil ist durch einen Eisenmangel bedingt.

 

Besteht im Körper ein Mangel an Eisen, wird zu wenig Hämoglobin produziert. Etwa die Hälfte aller Anämien sind Eisenmangelanämien.

Meist sind der Eisenmangel und die Eisenmangelanämie (ebenso wie ein seltenerer Mangel an Vitamin B 12 oder Folsäure) gut therapierbar und haben bei entsprechender Behandlung (Zufuhr der Mangelsubstanz mit Medikamenten) eine gute Prognose.

 

 

Interview: Christina Neumayer/CredoWeb

 

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