Artikel

Herzinfarkt-Risiko: Negative Auswirkungen von Verkehrslärm und Feinstaub addieren sich

Herzinfarkt-Risiko: Negative Auswirkungen von Verkehrslärm und Feinstaub addieren sich

Sowohl Luftverschmutzung - insbesondere Feinstaub - als auch Verkehrslärm erhöhen das Herzinfarkt-Risiko deutlich, zeigt eine Schweizer Studie. die ungünstigen Auswirkungen dieser beiden Einflüsse addieren sich, berichtet Univ.-Prof. Dr. Bernhard Metzler (Universitätsklinik für Innere Medizin, Innsbruck; Sekretär der ÖKG; Tagungssekretär) auf einer Pressekonferenz anlässlich der Jahrestagung der ÖKG. Besonders schädlich sei aus kardiologischer Sicht der Einfluss der Kombination beider Umweltfaktoren.

 

Dass in manchen früheren Untersuchungen die Auswirkungen des Feinstaubes überschätzt, und in der Folge jene der Lärmbelastung unterschätzt wurden, zeigt eine neue Studie der Universität Basel und des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts. Untersucht wurden die Zusammenhänge von Luftverschmutzung – insbesondere der Feinstaubbelastung – und Verkehrslärm mit Herzinfarkt-Todesfällen an 4,4 Millionen Einwohner der Schweiz im Zeitraum zwischen 2000 und 2008.

Wie sich Feinstaub und Lärm auswirken

Der Faktor Feinstaubbelastung steigert demnach das Herzinfarktrisiko um 1,9 Prozent pro Erhöhung der Konzentration um 10 Mikrogramm/Kubikmeter. Bei hoher Luftverschmutzung sei in der Regel auch der Verkehrslärmpegel erhöht, und jeder Anstieg von zehn Dezibel Geräuschkulisse bedeutet einen dreiprozentigen Anstieg der Sterblichkeit durch Herzinfarkt. Am ungünstigsten wirkt sich der Einfluss des Straßenverkehrslärms aus. Eisenbahnlärm etwas weniger, da die Bahn zumeist elektrisch betrieben wird und weniger Luftverschmutzung verursacht.

 

In früheren Studien zur Luftverschmutzung, bei denen der Verkehrslärm nicht berücksichtigt wurde, seien Auswirkungen der Luftverschmutzung auf Herzinfarkte tendenziell überbewertet worden, sagen die Studienautoren. Ältere Analysen, die nur Feinstaub einbezogen, suggerieren, dass eine Zunahme der Langzeitkonzentration zu Hause um 10 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter das Herzinfarkt-Risiko um 5,2 Prozent ansteigen lässt – was durch die neue Schweizer Studie relativiert wird.

Die ultrafeinen Partikel des Feinstaubes mit einem Durchmesser von 2,5 Millionstel Meter können in die Lungenbläschen gelangen und mit dem Blut in alle Organe transportiert werden,

erklärt Prof. Metzler.

Auf Dauer führt das zu chronischen Entzündungen der Gefäßwand und ein Herzinfarkt kann die Folge sein.

Lärm wiederum wirke auf das Herz, weil er eine chronische Stressreaktion zur Folge hat. Prof. Metzler: „Es kommt zu Mechanismen, die sich negativ auf die Gefäße auswirken: zu einer verstärkten Ausschüttung von Kortison, Katecholaminen und Angiotensin-II, zu Gefäßverengung (Vasokonstriktion) und verminderter Gefäßdilatation (Erweiterung). Verstärkt werden diese negativen Einflüsse, wenn es durch den Lärm zu Schlafstörungen kommt.“

„Dass Lärm durch Straßen-, Schienen- und Flugverkehr die Entstehung von Bluthochdruck, Herzinfarkten und Schlaganfällen begünstigen, belegen auch andere Studien“, so Prof. Metzler. Eine Gesundheitsgefährdung stellt laut WHO ein Schalldruckpegel oberhalb von 65 Dezibel dar. Zum Vergleich: eine normale Unterhaltung verursacht einen Lärmpegel von etwa 60 Dezibel. In einer Metaanalyse ging jede durch Straßen- oder Flugverkehr verursachte Schalldruckpegel-Änderung von 10 Dezibel (ab 50 Dezibel) mit einem um 6 Prozent signifikant erhöhtem KHK-Risiko einher.

Besonders schädlicher Einfluss der Kombination beider Faktoren

Die Schweizer Studie liefert weitere Argumente auch aus kardiologischer Sicht, mehr auf Lärm- und Umweltschutz – und hier insbesondere auf die Reduktion des Feinstaubes – zu achten: Weil nicht nur hoher Blutdruck, Cholesterin und Diabetes das Herzinfarktrisiko erhöhen, sondern nachweislich auch diese negativen Umwelteinflüsse. Es komme aber darauf an, so die Studienautoren, Verkehrslärm und Luftverschmutzung nicht getrennt voneinander zu betrachten, sondern auf den besonders schädlichen Einfluss der Kombination der beiden Faktoren hinzuweisen.

 

Literatur:

Héritier H, Vienneau D et al. A systematic analysis of mutual effects of transportation noise and air pollution exposure on myocardial infarction mortality: a nationwide cohort study in Switzerland. European Heart Journal 2019; 40: 598-603;

Am Coll Cardiol 2018; 71: 688–97;

Ärzte Zeitung online, 29.03.2018;

Quelle: Pressemeldung zur Jahrestagung der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft, 28. 5. 2019 in Wien / B&K Kommunikationsberatung

Kommentare