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Brustkrebsforschung: Patient Advocacy wird immer wichtiger

Brustkrebsforschung: Patient Advocacy wird immer wichtiger

Dank verbesserter Früherkennung und Diagnostik sowie der Entwicklung innovativer Therapien wurde Brustkrebs eine gut behandelbare Erkrankung mit hohen Heilungschancen. Diese Erfolge sind der Forschung geschuldet, an der Österreich international eine führende Rolle innehat. Immer wichtiger wird dabei die aktive Beteiligung von Patientenvertretungen. Europa Donna Austria ist Förderer sowie wichtiger Partner bei nationalen sowie internationalen Studienprojekten und hat sich zu einem wichtigen Motor in der Brustkrebsforschung etabliert.

 

Brustkrebs ist mit mehr als 5.500 Neuerkrankungen pro Jahr die bei weitem häufigste Krebserkrankung bei Frauen (1). Beinahe jede dritte onkologische Diagnose betrifft die Brust. Anders gesagt: Im Schnitt erkrankt eine von acht Frauen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs.

 

Die Mehrzahl aller Brustkrebsfälle, vor allem jene die früh erkannt werden, können heute geheilt werden. Voraussetzung ist eine frühe und genaue Diagnose sowie eine individuelle Behandlung. Bei einer kleinen Gruppe von Frauen kehrt der Krebs jedoch wieder, greift auf andere Organe über und bildet Tochtergeschwülste (Metastasen). In diesem fortgeschrittenen Stadium ist der Krebs nicht mehr heilbar. Dank intensiver Forschung ist das Wissen auch in diesem Bereich enorm gewachsen, wodurch sich die Behandlungsmöglichkeiten deutlich verbessert haben – die Lebenszeit ist heute deutlich länger und die Lebensqualität besser als noch vor einigen Jahren. Die österreichische Brustkrebsforschung hat dazu eindrucksvoll beigetragen – beispielsweise im Bereich von zielgerichteten Therapien. Mithilfe dieser Behandlungsmöglichkeit gelingt es jetzt zum ersten Mal, im fortgeschrittenen Stadium das Fortschreiten einer Brustkrebs-Erkrankung hinauszuzögern und lebensverlängernd zu behandeln (2).

Moderne Krebsmedizin ist maßgeschneidert

Jeder Mensch ist einzigartig und auch die Erkrankungen, die wir in uns tragen, sind einzigartig. Das gilt in besonderem Maß für Krebserkrankungen und jeder Fall ist daher individuell zu sehen. Die personalisierte (oder Präzisions-)Medizin geht genau darauf ein. Durch die Identifizierung bestimmter Eigenschaften auf den Oberflächen von Tumorzellen weiß man, wie man sie am besten angreifen und ihr die Lebensfähigkeit nehmen kann.

 

Auch in der Risikoerkennung konnten durch personalisierte Medizin große Fortschritte erzielt werden. Bei vermehrten Brustkrebsfällen in der Familie wächst die Sorge von Frauen, dieses Risiko geerbt zu haben. Tatsächlich sind fünf bis zehn Prozent aller Brustkrebsfälle genetisch bedingt. Viele dieser erblichen Brustkrebserkrankungen werden durch Veränderungen in einem der beiden Gene BRCA1 oder BRCA2 ausgelöst. Hat eine Frau so eine Genveränderung, liegt die Wahrscheinlichkeit im Laufe des Lebens an Brustkrebs zu erkranken, bei knapp 90 Prozent. Mithilfe einer speziellen personalisierten Genanalytik kann diese Genmutation erkannt werden und ist Entscheidungsbasis für präventive Maßnahmen.

Forschung in Österreich: Impfung gegen Krebs?

Bisher ist für Frauen mit BRCA-Mutationen die einzige vorbeugende Maßnahme eine chirurgische Entfernung des Brustgewebes. Nun soll die Austrian Breast and Colorectal Cancer Study Group (ABCSG) klären, ob die vorbeugende Injektion eines Biotech-Medikaments, das äußerst erfolgreich in der Behandlung von Osteoporose eingesetzt wird, erblich bedingten Brustkrebs verhindern kann. Frühere präklinische Studien des österreichischen Biotechnologieforschers Josef Penninger (Leiter des Instituts für Biomolekulare Analysen (IMBA) und erste klinische ABCSG-Untersuchungen haben starke Hinweise auf eine entsprechende Wirkung gezeigt. In den kommenden fünf Jahren soll der präventive Effekt dieses Wirkstoffs im Rahmen einer weltweit angelegten, doppelblinden, placebo-kontrollierten Phase-III-Studie bei 2.950 Frauen mit BRCA1-Mutationen getestet werden. Die Frauen bekommen über die Studiendauer alle sechs Monate eine Spritze. Bestätigt sich, dass diese „Impfung“ ein wirksamer Schutz vor Brustkrebs ist, kann die Entfernung von Brustgewebe bei Frauen mit BRCA1-Gendefekt in Zukunft überflüssig sein.

 

Hinweis: Frauen mit einer BRCA1-Mutation, die noch nicht an Krebs erkrankt und zwischen 25 und 55 Jahre alt sind, können an der Studie teilnehmen. Nähere Informationen unter www.abcsg.at oder unter www.brustgesundheit.at.

Patientenvertretung als Partner der Forschung

Diese Studie ist ein aktuelles und eindrucksvolles Beispiel, wie sehr die Einbindung von Patientenvertretern in die Forschung an Bedeutung gewinnt: Das Studienprojekt wird vom amerikanischen Verteidigungsministerium finanziert. Eine Bedingung für die US-Unterstützung war die Beteiligung einer Patientenvertretung – Europa Donna Austria ist hier der Partner und bringt sich aktiv in das Forschungsprojekt ein.

Zukunftshoffnung Liquid biopsy

Ein weiterer äußerst spannender Ansatz ist das in letzter Zeit viel zitierte und diskutierte „Liquid biopsy“ (flüssige Biopsie), eine genetische Analyse von frei zirkulierenden DNA-Tumorteilchen im Blut oder in anderen Körperflüssigkeiten. Damit kann beobachtet und beurteilt werden, wie sich der Tumor über die Zeit verändert. Die große Chance ist, dass man zu einem sehr frühen Zeitpunkt erkennen kann, ob die Therapie greift, ob sich Resistenzen entwickeln oder ob der Tumor streut. Die Behandlungsmethode kann dann entsprechend angepasst werden. Diese nicht-invasive Analyse-Methode hat auch das Potenzial, die für die Frauen unangenehme Entnahme einer Gewebsprobe (Biopsie) zu ersetzen. Liquid biopsy befindet sich zurzeit in der Studienphase und muss den Mehrwert für die Patienten noch beweisen.

 

Quellen:

(1) Statistik Austria;

(2) Phase III MONALEESA-7-Studie (presented at ASCO 2019), Phase III PALOMA-3-Studie (will be presented at ESMO 2019).

Quelle: Statement Univ.-Prof. Dr. Christian F. Singer, MPH, zu dem Pressegespräch anlässlich 25 Jahre Europa Donna & Brustkrebsmonat Oktober

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