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Vorsorge & Therapie von Herzschwäche

Vorsorge & Therapie von Herzschwäche


Ein Experteninterview mit Dr. med. Heidemarie Prager aus Gänserndorf. Dr. Prager ist Fachärztin für Kardiologie und Innere Medizin und sie ist in der täglichen Praxis mit der Diagnose sowie Therapie der Herzinsuffizienz konfrontiert.

 

CredoWeb: Was versteht man unter Herzschwäche und welche Beschwerden macht sie?

 

Dr. med. Heidemarie Prager:

Herzschwäche ist ein Unvermögen des Herzens, den Körper bzw. die Organe ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen.

 

Man unterscheidet verschiedene Formen der Herzschwäche:

 

  1. Systolische Herzschwäche: Darunter versteht man eine gestörte Funktion der Herzkammern – der sogenannten Ventrikel.
  2. Diastolische Herzschwäche: Darunter versteht man eine Störung der Entspannungsphase des Herzens.

 

Vor allem die systolische Herzschwäche mit eingeschränkter Pumpfunktion ist durch verschiedenste Therapien gut behandelbar.

 

 

Klassische Beschwerden:

 

  • Atemnot
  • Leistungsknick
  • geschwollene Beine und geschwollene Halsvenen
  • Gewichtszunahme
  • nächtlicher Harndrang mit vermehrtem Wasserlassen (Nykturie)
  • Husten
  • Bauchschmerzen durch vermehrte Flüssigkeitsansammlung

Anfangs treten die Beschwerden vor allem bei Belastung auf, wenn die Herzschwäche fortschreitet, dann kommt es auch zu Beschwerden in Ruhe.

 

 

CredoWeb: Ist die Erkrankung der Herzschwäche häufig – und  ist diese Erkrankung gefährlich?

 

 

Dr. med. Heidemarie Prager:

 

Es gibt in Österreich rund 300 000 Betroffene und rund 10% der über 70 Jährigen ist von der Diagnose der Herzschwäche betroffen; unbehandelt hat die Herzschwäche eine hohe Sterblichkeit, wobei diese natürlich vom Ausmaß der Herzschwäche bzw. von zusätzlichen Erkrankungen (Komorbiditäten) abhängt.

 


Die häufigsten Gründe, die zu einer Herzschwäche führen, sind

 

  • die Koronare Herzkrankheit (bei verengten Herzkranzgefäßen)
  • Herzrhythmusstörungen wie etwa Vorhofflimmern
  • Bluthochdruck
  • Diabetes mellitus
  • Herzklappenerkrankungen

 

Seltenere Ursachen sind stattgehabte Entzündungen des Herzens (Myokarditis oder Perikarditis),  übermäßige Genußmittel (Alkohol, Drogen), manche Chemotherapien oder Medikamente oder auch Systemerkrankungen wie die Sarkoidose oder Amyloidose.

 

Das Herz ist unser „Motor“  und liefert den Organen Energie und Sauerstoff indem er sie mit Blut versorgt.

 

Wenn das Herz einen Verlust seiner Pumpkraft hat, dann kann es zu Flüssigkeitseinlagerungen im Gewebe und in weiterer Folge zu z.B. Lungenentzündungen kommen.

 

Wenn man als Patient mit Herzinsuffizienz an COVID-19 erkrankt, ist mit einem schwerwiegenderen Verlauf  zu rechnen, da durch die Schwächung mit dem Virus es zu einer symptomatischen Verschlechterung der Herzinsuffizienz kommen kann und die körperlichen Ressourcen auf Grund der Herzschwäche ohnehin eingeschränkt sind.

 

 

CredoWeb: Welche Therapiemöglichkeiten gibt es derzeit?

 

Dr. med. Heidemarie Prager: Wichtig ist vor allem das frühzeitige Erkennen der Herzschwäche, in weiterer Folge die Abklärung der Ursache und das rasche Einleiten einer adäquaten Therapie. Die Patienten und gegebenenfalls auch die Angehörigen sollen über die Erkrankung aufgeklärt werden.

 


Unerläßlich sind regelmäßige

 

  • Gewichtskontrollen,
  • Blutdruckkontrollen und
  • Pulskontrollen.

 

Am besten ist es, ein sogenanntes Herztagebuch zu führen, in dem diese Werte aufgezeichnet werden sollen. Änderungen sind für den Patienten und den behandelnden Arzt dadurch rasch erkennbar und man kann mit entsprechenden Therapien reagieren.

 

Die medikamentöse Therapie der Herzschwäche bedarf leider mehrerer Medikamente, welche aber nachweislich die Sterblichkeit, die erforderlichen Krankenhausaufenthalte als auch die Lebensqualität der Patienten verbessern.

Regelmäßige Blutkontrollen und Kontrollen beim Hausarzt bzw. Internisten sind wichtig; oftmals gibt es auch betreuende Herzinsuffizienzambulanzen oder auch Herzinsuffizienzschwestern, die über telefonische Abfragen den Gesundheitszustand der Patienten kontrollieren.

 

In den Spezialambulanzen für Herzschwäche wird auch über die Implantation weiterer spezielle Geräte entschieden, die zum Einsatz bei fortgeschrittener Herzschwäche kommen können, etwas Defibrillatoren oder sogenannte CRT-Therapien (Cardiale Desynchronisation-Therapien); 

Wenn die Herzschwäche weit fortgeschritten ist und die Patienten darunter symptomatisch sind  gibt es auch die Möglichkeit von weiteren mechanischen Unterstützungssysteme für das Herz bis hin zur Herztransplantation.

 

 


CredoWeb: Wie erfolgt die Diagnosestellung?

 

 

Dr. med. Heidemarie Prager:

 

 

Anamnese

Mit am wichtigsten ist hier eine ausführliche Anamnese, wobei man das Risikoprofil erhebt (Raucht der Patient? Besteht eine koronare Herzkrankheit – hat der Patient schon einen Herzinfarkt erlitten oder einen Stent im Herzen erhalten? Leidet er an Bluthochdruck, Diabetes mellitus? Bestehen Herzrhythmusstörungen?).

 

Körperliche Untersuchung durch Ärztin/Arzt:

Der Arzt beurteilt, ob es zu vermehrten Flüssigkeitseinlagerungen im Gewebe gekommen ist wie etwa geschwollene Beinen, Flüssigkeitseinlagerungen im Bauch oder gestauten Venen am Hals;

Beim Abhören kann der Arzt Rasselgeräusche in der Lunge oder einen unregelmäßigen Herzrhythmus bzw. ein Herzgeräusch feststellen.

 

EKG

Im EKG lassen sich die Herzfrequenz ermitteln sowie Hinweise auf Minderdurchblutungen des Herzmuskels, Erregungsüberleitungsstörungen und  Herzrhythmusstörungen  feststellen.

 

Lungenröntgen

Ein Lungenröntgen kann ebenso einen Hinweis auf eine Herzinsuffizienz geben (etwa durch das Aufteten von Stauungszeichen oder eines Pleuraergusses).

 

Labor

Es gibt einen Blutwert, der einen Hinweis auf Herzschwäche geben kann: das NT-proBNP.  Wenn dieser Wert erhöht ist, deutet dies auf eine Herzschwäche hin und eine weiterführende Abklärung sollte erfolgen.

 

 

Herzultraschall

Mit dem Herzultraschall wird die Pumpkraft bzw. Elastizität des Herzens gemessen und somit die Diagnose Herzinsuffizienz endgültig festgestellt.

 

 

CredoWeb: Kann man diesen Blutwert – NT-proBNP - bei seinem Hausarzt messen lassen?

 

 

Dr. med. Heidemarie Prager: Ja; je nach Krankenkasse wird er teilweise refundiert – falls die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt, kostet diese Laboruntersuchung ca.  30 – 35 Euro.

 

 

CredoWeb: Wie kann man einer Herzinsuffizienz vorbeugen?

 

Dr. med. Heidemarie Prager:

 

 

Präventive Maßnahmen sind vor allem

 

  • das Beenden des Rauchen
  • ein maßvoller Umgang mit Genußmitteln (v.a. Alkohol)
  • Gewichtsreduktion falls man an Übergewicht leidet
  • regelmäßige Bewegung
  • ausreichend Schlaf und
  • eine ausgewogene Ernährung mit salzarmer Kost (bevorzugt mediterrane Diät).

 

Bei der Behandlung der Herzschwäche ist es immer wichtig, auch auf die Komorbiditäten zu achten und diese optimal mitzutherapieren; 

Bei Medikamenten z.B. gegen Diabetes mellitus gibt es spezielle Gruppen, die sich auf die Entwicklung  und den Verlauf der Herzinsuffizienz positiv auswirken können –  auf diese Substanzen sollte man dann  frühzeitig umstellen.

 

Effekt der Herzschwäche auf unsere Psyche:

Herzinsuffizienz und die damit verbundenen Symptome wie etwa Atemnot machen Angst – viele Patienten sind dadurch psychisch belastet.

Bei Auftreten von depressiven Anzeichen sollte man sich nicht scheuen psychologische Unterstützung zu suchen. Oft gibt es gibt Selbsthilfegruppen, bei denen man Unterstützung findet; das Miteinbeziehen der Angehörigen und Aufklärung derer über die Erkrankung der Herzinsuffizienz kann in diesen Situationen helfen -  soziale Kontakte lenken von den eigenen Problemen oft ab und können in Angstsituationen Erleichterung bringen.

 

Es gibt die Möglichkeit zu Rehabilitationsaufenthalten beim Bestehen einer Herzinsuffizienz, auch mit Schwerpunkt zu psycho-kardiologischer Betreuung.

 

 

CredoWeb: Warum haben Menschen mit einer Herzschwäche, die sich mit COVID-19 infizieren, einen besonders schweren Verlauf?

 

 

Dr. med. Heidemarie Prager: Bei symptomatischer Herzschwäche sind viele Organsysteme betroffen und es kommt zu Wassereinlagerungen in diversen Organsystemen, oftmals auch in der Lunge.

Das COVID19 Virus erzeugt in der Lunge eine zusätzliche Entzündungsreaktion, dadurch schwächen 2 Erkrankungen gleichzeitig ein Organsyste;weiters fehlen bei  schwachem Herzen körperliche Reserven, was einen schweren Verlauf begünstigt.

Verfügbare Impfungen wie etwa die Pneumokokkenimpfung oder Influenzaimpfung sind bei herzinsuffizienten Patienten anzuraten – natürlich hoffe auch ich auf eine rasche Entwicklung eines COVID19 Impfstoffes.

 

Bis dahin schützen Sie sich durch Achtsamkeit im Kontakt mit anderen und entsprechende Maßnahmen wie das Einhalten eines Abstands bzw. entsprechende Hygienemaßnahmen.

 

 

CredoWeb: Was kann man selbst aktiv für seine Herzgesundheit tun?

 

 

Dr. med. Heidemarie Prager:

 

 

  1. mit dem Rauchen aufhören
  2. Blutfette gut einstellen d.h. achtsame Ernährung & regelmäßige Bewegung
  3. Bauchfett reduzieren
  4. Komorbiditäten wie Bluthochdruck, Diabetes, Blutarmut, Eisenmangelanämien, pulmologische Probleme im Vorfeld gut behandeln & gut einstellen

 

Interview: Christina Neumayer/CredoWeb

 

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