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Neue Erkenntnisse zur Entstehung bestimmter Hirntumoren könnten effektivere Therapie ermöglichen

Neue Erkenntnisse zur Entstehung bestimmter Hirntumoren könnten effektivere Therapie ermöglichen

Studie mit maßgeblicher Beteiligung der MedUni Wien in Top-Journal „Cancer Cell“ publiziert

 

Wien, 14-07-2020: Ein internationales Studienteam unter maßgeblicher Beteiligung von ForscherInnen des Comprehensive Cancer Center (CCC) der MedUni Wien und des AKH Wien zeigt zum ersten Mal weltweit die molekularen Unterschiede einzelner Tumorzellen in Ependymomen, einer aggressiven Hirntumorform. Die ForscherInnen belegen weiters, dass Ependymome in einer bestimmten Stammzellnische des Gehirns entstehen. Auf Basis dieser Erkenntnisse konnten sie klären, warum sich manche Ependymome sehr aggressiv verhalten und schlecht zu behandeln sind, andere dagegen eine bessere Prognose aufweisen. Die Therapieansätze, die von den Ergebnissen abgeleitet wurden, sind in ersten Labortests vielversprechend. Die Arbeit wurde nun im Top-Journal „Cancer Cell“ publiziert.

 

Ependymome sind seltene Hirntumoren, die bei Kindern und bei Erwachsenen auftreten können. Zudem handelt es sich um eine heterogene Tumorgruppe und es war lange nicht bekannt, warum manche eine gute Prognose und manche einen sehr aggressiven Verlauf aufweisen, und weiters warum die Ependymome von Kindern besonders häufig mit einer schlechten Prognose verbunden sind.

 

Modernste Analyse-Tools

Die nun publizierte Studie nutzte modernste Methoden wie das Single Cell Sequencing, um einzelne Tumorzellen genomweit zu analysieren und ihre molekularbiologischen Eigenschaften zu beschreiben. Dabei zeigte sich, dass Ependymome sehr heterogen sind, also aus vielen Zellen mit unterschiedlichen Eigenschaften bestehen, was die Behandlung erschwert. Das ForscherInnenteam untersuchte im Zuge seiner Arbeit Zellen von Tumoren mit guter Prognose, ebenso wie solche mit aggressiven Verläufen. Ein Großteil der PatientInnen deren Tumoren untersucht wurden, wurden von der MedUni Wien in die Studie eingebracht (20 von insgesamt 28).

 

Eine wesentliche Erkenntnis der ForscherInnen besteht im Nachweis, dass Ependymomzellen aus einer bestimmten Stammzellnische des Gehirns entstehen. Damit weisen sie auch oft Eigenschaften von Stammzellen auf. Stammzellen besitzen die Fähigkeit, andere Körperzellen zu ersetzen und zu Körperzellen mit verschiedenen Funktionen (z.B. Nervenzellen) heranzureifen. ExpertInnen bezeichnen diesen Vorgang als Ausdifferenzierung. Solange sie noch unreif, also undifferenziert sind, können sie sich im Prinzip unbegrenzt vermehren. Sind die Zellen entartet, entsteht eine besonders aggressive Form von Krebs.

 

Johannes Gojo, Facharzt und Forscher an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien und des Universitätsklinikums AKH Wien sowie am Institut für Krebsforschung der MedUni Wien, Mitglied des CCC sowie des Comprehensive Center for Pediatrics (CCP) der MedUni Wien und des AKH Wien und Erstautor der Studie: „Wir haben gesehen, dass die einzelnen Zellen von Ependymomen innerhalb des Tumors verschiedene Entwicklungsstadien durchlaufen. Jene mit aggressivem Verlauf weisen viele unreife Zellen auf, das heißt, sie sind Stammzellen sehr ähnlich. Tumoren, bei denen sich ein Großteil der Zellen in einem ausgereifteren Zustand befand, zeigten eine günstigere Prognose. Dieses Ergebnis könnte uns einen Ansatzpunkt für neue Therapiekonzepte liefern.“

Es erklärt außerdem, warum sich Ependymome bei Kindern häufig aggressiver verhalten als bei Erwachsenen: Bei ihnen ist der Anteil an undifferenzierten, stammzellartigen Ependymomzellen höher als bei Erwachsenen.

 

Effektivere Therapieansätze

Gojo: „Wir konnten darüber hinaus auch genaue Kenntnisse der molekularbiologischen Eigenschaften der Tumorzellen gewinnen, was uns ebenfalls gestattet, neue Therapieansätze abzuleiten. Erste Tests in diese Richtung sind sehr vielversprechend, bedürfen aber noch genauerer Untersuchungen.“

 

Internationale Kooperation

Die Studie ist ein Kooperationsprojekt der MedUni Wien, dem Dana-Farber Cancer Institute und der Harvard Medical School bzw. dem Broad Institute of MIT in Boston und dem Deutschen Krebsforschungszentrum bzw. dem Hopp Kindertumorzentrum in Heidelberg.

 

Service

Single-cell RNA-seq reveals cellular hierarchies and impaired developmental trajectories in pediatric ependymoma. J. Gojo, B. Englinger, L. Jiang, J.M. Hübner, M.L. Shaw, O.A. Hack, S. Madlener, D. Kirchhofer, I. Liu, J. Pyrdol, V. Hovestadt, E. Mazzola, N.D. Mathewson, M. Trissal, D. Lötsch, Ch. Dorfer, Ch. Haberler, A. Halfmann, L. Mayr, A. Peyrl, R. Geyeregger, B. Schwalm, M. Mauermann, K.W. Pajtler, T. Milde, M.E. Shore, J.E. Geduldig, K. Pelton, Th. Czech, O. Ashenberg, K.W. Wucherpfennig, O. Rozenblatt-Rosen, S. Alexandrescu, K.L. Ligon, St.M. Pfister, A. Regev, I. Slavc, W. Berger, M.L. Suva, M. Koo, M.G. Filbin.
DOI: https://doi.org/10.1016/j.ccell.2020.06.004

 

 

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Medizinische Universität Wien – Kurzprofil

Die Medizinische Universität Wien (kurz: MedUni Wien) ist eine der traditionsreichsten medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten Europas. Mit rund 8.000 Studierenden ist sie heute die größte medizinische Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum. Mit ihren 26 Universitätskliniken und zwei klinischen Instituten, 12 medizintheoretischen Zentren und zahlreichen hochspezialisierten Laboratorien zählt sie auch zu den bedeutendsten Spitzenforschungsinstitutionen Europas im biomedizinischen Bereich.

 

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Comprehensive Cancer Center Vienna

Das Comprehensive Cancer Center (CCC) Wien der MedUni Wien und des AKH Wien vernetzt alle Berufsgruppen dieser beiden Institutionen, die KrebspatientInnen behandeln, Krebserkrankungen erforschen und in der Lehre bzw. der Ausbildung in diesem Bereich aktiv sind. (www.ccc.ac.at)

 

www.meduniwien.ac.at/pr

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