Artikel

Brustkrebsvorsorge: Ab wann, wie oft & welche Untersuchungen werden empfohlen?

Brustkrebsvorsorge: Ab wann, wie oft & welche Untersuchungen werden empfohlen?

 

Ein Experteninterview mit Privatdozent Dr. med. Michael Hubalek aus Schwaz in Tirol. Dr. Hubalek ist Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe und gilt als Spezialist für Brustkrebs und Brustchirurgie. Er arbeitet im Bezirkskrankenhaus Schwaz als Oberarzt im Brustzentrum und hat eine eigene Praxis vor Ort.

 

CredoWeb: Warum ist die Brustkrebs-Früherkennung so wichtig?

 

 

Priv.-Doz. Dr. med. Michael Hubalek:

 

Brustkrebs ist inzwischen zur häufigsten Krebserkrankung der Frau geworden. Statistisch gesehen erkrankt in Österreich eine von acht Frauen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs.

Wird die Erkrankung allerdings sehr früh entdeckt beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate 99%.

 

Aus diesem Grund wurde auch in Österreich ein sogenanntes „Screening“ Programm ins Leben gerufen, welches ermöglicht, dass jede Frau zwischen dem 45. und 70. Lebensjahr alle 2 Jahre zur Mammographie schriftlich eingeladen wird. Ab dem 40. und nach 70. Lebensjahr besteht die Möglichkeit, dass sich Frauen freiwillig zu diesem Programm anmelden können (www.frueh-erkennen.at).

 

In einer Vielzahl von Studien konnte der positive Nutzen einer derartigen Früherkennung gezeigt werden. Trotz einiger kritischen Stimmen bezüglich dem Benefit eines Screening ist es unumstritten, dass insbesondere fortgeschrittene Krankheitsstadien und die damit verbundenen Folgen (aggressive Therapien, ausgedehnte Operationen etc.) durch eine hohe Teilnahmequote von Frauen an diesen Früherkennungsprogrammen deutlich weniger zu beobachten sind.

 


CredoWeb: Ab wann sollte jede Frau zur Brustkrebsvorsorge gehen & welche Untersuchungen sind hier vorgesehen?

 

 

Priv.-Doz. Dr. med. Michael Hubalek:

 

Prinzipiell besteht in Österreich und in vielen Ländern der Welt die Empfehlung ab dem 40.-45. Lebensjahr alle 2 Jahre eine Mammographie durchführen zu lassen.

 

Die Mammographie ist eine Röntgendurchleuchtung der Brust mit minimaler Strahlenbelastung. Zusätzlich ist bei Frauen mit dichtem Drüsenkörper im Rahmen des Screenings in Österreich auch eine Ultraschalluntersuchung der Brust vorgesehen. Diese zusätzliche Untersuchung erhöht die diagnostische Sicherheit erheblich.

 

Bei Frauen mit einer erblichen Vorbelastung, d.h. mit mehreren Brustkrebsfällen in der Familie oder einer bewiesenen Gen-Mutation wird bereits ab dem 25. Lebensjahr eine Untersuchung der Brust mittels Magnetresonanztomographie empfohlen.


Diese Frauen mit einem sehr hohen Risiko im Verlauf ihres Lebens an Brustkrebs zu erkranken, sollten ab diesem Zeitpunkt engmaschig und zumindest einmal im Jahr zur Früherkennungsuntersuchung gehen. Hierbei sei auf die spezifischen Früherkennungsprogramme der zertifizierten Brustzentren verwiesen.

 

 

CredoWeb: Ab wann sollte man zur Vorsorge gehen, wenn es in der Familie bereits Brustkrebs-Fälle gab?

 

 

Priv.-Doz. Dr. med. Michael Hubalek:

 

Wichtig ist zu unterscheiden, ob die familiären Brustkrebserkrankungen einen genetischen Hintergrund hatten oder nicht. In den meisten Fällen ist dies allerdings nicht ganz einfach zu unterscheiden.

 

Unter Berücksichtigung dieses Umstands gilt prinzipiell, dass bei einem Brustkrebsfall unter dem 35. Lebensjahr, oder zwei Brustkrebsfällen vor dem 50. Lebensjahr oder 3. Brustkrebsfällen nach dem 50. Lebensjahr in der Familie ein gewisses Risiko für ein familiäres Risiko besteht.

 

 

In diesen Fällen wird auch dringend ein Beratungsgespräch beim Facharzt und in weiterer Folge eventuell eine genetische Testung und Abklärung des Risiko empfohlen.

Frauen aus Familien mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko sollte zumindest einmal jährlich eine Magnetresonanztomographie und eine Mammographie als auch ein Ultraschall der Brust angeboten werden.

 

CredoWeb: Bei einer Mammografie werden bekannterweise krebserregende Röntgenstrahlen ausgesendet. Ist diese Methode zur Krebsfrüherkennung nicht sehr widersprüchlich?

 

 

Priv.-Doz. Dr. med. Michael Hubalek:

 

Die Mammographie ist das am besten validierte und am breitesten eingesetzte Verfahren zur Krebsfrüherkennung bei asymptomatischen Frauen. Mit diesen Verfahren allein kann der überwiegende Teil von frühen Brustkrebserkrankungen entdeckt werden.

 

Der Vorteil der Mammographie ist, dass die Untersuchung relativ rasch durchgeführt werden kann, damit können auch sehr viele Frauen in kurzer Zeit untersucht werden.

Im Gegensatz dazu ist eine Magnetresonanzuntersuchung, welche ohne Röntgenstrahlung durchgeführt wird, mit einem wesentlich höheren zeitlichen Aufwand (bis zu 45 Minuten pro Patientin) verbunden. Zusätzlich ist bei einer Magnetresonanztomographie auch immer eine intravenöse Kontrastmittelgabe notwendig.

 

Insbesondere durch die Einführung der digitalen Verarbeitung (digitale Mammographie) benötigen die heutigen Mammographien eine niedrigere Strahlenintensität als die früheren film-basierten Verfahren.

Plakativ gesagt, ist die Strahlenbelastung einer Mammographie geringer als die kosmische Strahlung die bei einem Transatlantikflug auf den Fluggast einwirkt. Somit ist die Strahlenbelastung in Relation zum Früherkennungsnutzen als verschwindend klein anzusehen.


 

CredoWeb: Welche alternativen Untersuchungsmethoden gibt es & werden die Kosten von der Krankenkasse übernommen?

 

 

Priv.-Doz. Dr. med. Michael Hubalek: Derzeit gibt es keine evidenzbasierte Alternative zum Mammographie-Screening.

Tatsächlich sind die vermeintlich besseren Verfahren kritikwürdig. Ultraschall allein und Magnetresonanztomographie (MRT) ermitteln deutlich mehr unklare Befunde, was mehr unnötige Biopsien und kurzfristige Kontrollen bei unsicherem Befund zur Folge hat.

 

Somit hat die Mammographie ihren festen und unumstößlichen Rang in der Früherkennung von Brustkrebs.

 

Die Kosten einer Magnetresonanztomographie wird von der Krankenkasse nur bei entsprechenden Risiko oder zur weiteren Abklärung von auffälligen Mammographiebefunden übernommen.

Leider kann ein MRT nicht auf Wunsch erfolgen – außer die Kosten werden von der Frau selbst getragen.


 

CredoWeb: Wie oft sollte man selbst eine Tastuntersuchung der Brust durchführen & worauf muss man dabei achten?

 

 

Priv.-Doz. Dr. med. Michael Hubalek: Die Selbstuntersuchung der Brust wird zumindest einmal monatlich empfohlen. Während des Menstruationszyklus sollte die Blutung abgewartet werden und innerhalb des 5.-10 Zyklus ist die Tastuntersuchung aufgrund der hormonellen Situation am aussagekräftigsten.

 

 

Nach der Menopause wird eine regelmäßige Untersuchung innerhalb von einem Monat empfohlen.

Besonders zu beachten sind plötzliche – meist schmerzlose - Veränderungen der Haut, Einziehungen der Brustwarze und Knoten, welche sich auch nach der Menstruationsblutung nicht zurückbilden.

 

 

CredoWeb: Gibt es generelle Lebensstilmaßnahmen, welche das Brustkrebsrisiko reduzieren?

 

 

Priv.-Doz. Dr. med. Michael Hubalek:

 

Eine Frage, die klar mit Ja zu beantworten ist! Ziel von Lebensstilmaßnahmen ist es, Krebs zu verhindern, bevor er überhaupt entstehen kann.

 

Der Anstieg der Brustkrebserkrankungen in den westlichen Industrieländern wird teilweise mit veränderten Umweltfaktoren (damit sind hier neben der Umwelt auch Ernährung und Lebensstil gemeint) begründet.

 

Trotz zahlreicher und aufwendiger Studien bleibt heute festzustellen, dass es nur wenige Faktoren gibt, die einen gesicherten Einfluss auf die Entstehung einer Brustkrebserkrankung haben.

Die Charakterisierung eines einzelnen Umweltfaktors als Risiko- oder Präventionsmerkmal dürfte aufgrund der Komplexität von Umweltbedingungen nahezu unmöglich sein.

 

Dennoch scheint eine wirksame Prävention von Brustkrebs – und auch anderen Zivilisationskrankheiten – durch gesunde Ernährungs- und Lebensweise von Kindheit an möglich. Dies fällt wiederum in die Verantwortlichkeit des Einzelnen beziehungsweise der Eltern.

 

Interview: Christina Neumayer/CredoWeb

Kommentare