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Gynäkologische Krebsvorsorge: Ab wann werden welche Untersuchungen empfohlen?

Gynäkologische Krebsvorsorge:  Ab wann werden welche Untersuchungen empfohlen?


Ein exklusives Experteninterview mit Dr. med. Jörg Meier. Er ist Facharzt für Gynäkologie & Geburtshilfe mit einer eigenen Ordination in Imst.

 

CredoWeb: Ab welchem Alter sollten Frauen regelmäßig für die Krebsvorsorgeuntersuchung Ihre Frauenärztin/Ihren Frauenarzt aufsuchen?

 

Dr. med. Jörg Meier:

 

Ab dem 20. Lebensjahr sollte 1 x jährlich im Rahmen einer „Frauenarztuntersuchung“ der Krebsabstrich (PAP) zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs sowie die Tastuntersuchung der Brust durchgeführt werden.

 

Häufig findet die Erstvorstellung beim Gynäkologen aber bereits vor dem 20. Lebensjahr statt. Meist sind es Fragen zur Verhütung, Menstruationsbeschwerden, Unterleibsschmerzen oder Ausfluss, Brennen und Jucken im Genitalbereich - gelegentlich auch der Wunsch eine Frauenarztpraxis kennenlernen zu wollen.

 

Ist bei einer Jugendlichen der erste Vorstellungsgrund beim Frauenarzt die Frage nach Verhütung wird eine sofortige Krebsvorsorge nicht zwingend notwendig.

Es sollte jedoch neben der Beratung über Verhütung eine Aufklärung über sexuell übertragbare Erkrankungen und das Thema HPV-Impfung durchgeführt werden.



Gründe für eine Krebsfrüherkennungsuntersuchung bei sexuell aktiven Mädchen vor dem 20. Lebensjahr:

 

 

  • Immundefekte (zB HIV-positive Jugendliche, nach Organtransplantation),
  • früher Beginn sexueller Aktivität,
  • Einnahme der Pille über mehrere Jahre und
  • Rauchen.

 

 

CredoWeb: Welche Untersuchungen umfasst die gynäkologische Krebsvorsorge?

 

 

Dr. med. Jörg Meier:

 

Jeder Untersuchung sollte ein Anamnese-Gespräch vorausgehen. Hierbei wird besonders auf gynäkologische Beschwerden eingegangen (Veränderungen an der Brust und des äußeren Genitales, Blutungsstörungen usw.).  Im „Erstgespräch“ wird auch nach familiären gynäkologischen Krebserkrankungen gefragt.

Bei familiär gehäuften Brust- und/oder Eierstockkrebsfällen kann an eine der österreichweit über 80 Beratungsstellen weiter verwiesen werden.

 

Die eigentliche Untersuchung besteht dann aus Inspektion (Betrachtung, bei verdächtigen Befunden des äußeren Genitales oder der Scheide auch mit einer Vergrößerungsoptik) und Palpation (Abtasten) der Brust und des inneren sowie des äußeren Genitales.

 

Bei Beschwerden oder verdächtigen Tastbefunden wird zusätzlich ein Ultraschall des kleinen Beckens durchgeführt.

 

Eine spezielle Krebsvorsorge existiert beim Gebärmutterhals und der Brust. Zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs gibt es den sogenannten PAP-Test. Hierbei wird vom Gebärmutterhals jährlich ein Zellabstrich inklusive einer Kolposkopie (Untersuchung mit einer Vergrößerungsoptik) gemacht.

Ab dem 30. Lebensjahr kann statt des jährlichen PAP-Abstrichs auch ein HPV-Test (Humanes Papilloma Virus) alle 3 Jahre gemacht werden.

 

Das Brustkrebsfrüherkennungsprogramm sieht in Österreich 2-jährlich eine Mammographie und Brustultraschall zwischen dem 45. Und 69. Lebensjahr vor. Die Möglichkeit einer Teilnahme an diesem Programm besteht bereits ab dem 40. und auch nach dem 69. Lebensjahr.

 

 

CredoWeb: Welche Krebsarten können mit der richtigen Vorsorge frühzeitig erkannt werden?

 

 

Dr. med. Jörg Meier:

 

 

Gebärmutterhalskrebs

 

Mit dem regelmäßig jährlich durchgeführten PAP-Abstrich können frühzeitig bereits Zellveränderungen am Gebärmutterhals erkannt werden. Bei auffälligen Befunden wird die Patientin dann beraten, ob ein abwartendes Vorgehen mit einer Abstrichkontrolle, eine Gewebe-Probenentnahme oder eine operative Gewebeentfernung nötig bzw. sinnvoll ist. Da der Gebärmutterhalskrebs fast ausschließlich durch eine langanhaltende Infektion mit dem HPV-Virus entsteht, kann ab dem 30.Lebensjahr statt des jährlichen PAP´s auch ein HPV-Abstrich dreijährlich durchgeführt werden.

Gebärmutterhalskrebs kann verhindert werden!

 

 

Das Risiko an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken kann deutlich verringert werden mit:

 

  1. Jährlicher Kontrolle beim Frauenarzt inkl. jährlichem PAP-Test bzw. (ab dem 30. Lebensjahr) dem dreijährlichen HPV-Abstrich
  2. Frühzeitiger HPV-Impfung (möglichst im jungen Lebensalter, vor Beginn der sexuellen Aktivität)

 

Brustkrebs

 

Hier gibt es bildgebende Verfahren, um Brustkrebs frühzeitig zu erkennen. 2014 wurde österreichweit ein Brustkrebsfrüherkennungsprogramm eingeführt. Dieses sieht eine zweijährliche Mammographie und Brustultraschall vom 45. bis zum 69. Lebensjahr vor. Die Frauen in den entsprechenden Altersstufen erhalten sog. Einladungsbriefe. Es besteht die Möglichkeit bereits ab dem 40. und nach dem 69. Lebensjahr am Früherkennungsprogramm teilzunehmen.

 

Unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. bei Krankheitsfall von Verwandten 1.Grades und bei Vorliegen von Symptomen) sind auch jährliche Untersuchungen anzuraten.

 

 

CredoWeb: Gibt es frühe Warnzeichen bzw. Symptome, die auf einen Tumor hinweisen können, bei denen man schon vor dem Vorsorgetermin seine behandelnde Ärztin/seinen behandelnden Arzt aufsuchen sollte?

 

 

Dr. med. Jörg Meier: Zu den frühen Symptomen, die auf einen Tumor hinweisen können, zählen unter anderem Blutungsstörungen, wie unregelmäßige und/oder verstärkte Blutungen v.a. in den Wechseljahren.

Auch eine Blutung, die im Abstand von mindestens einem Jahr nach der letzten regulären Blutung auftritt, ist abklärungsbedürftig.

 

  • Neu aufgetretener Scheidenausfluss (bräunlich, blutig, übel riechend),
  • nicht erklärbare Schmerzen im Beckenbereich und/oder
  • Schwellungen ein- oder beidseitig der Beine oder
  • Veränderungen am äußeren Genital

 

können ebenfalls frühe Warnzeichen sein.

 

 

Bei Veränderungen der Brust sind folgende Anzeichen auffällig und bedürfen einer Abklärung:

 

 

  • Knoten (auch in den Achselhöhlen),
  • Einziehungen oder blutige Absonderungen der Brustwarze,
  • Hautveränderung oder
  • Schwellungen an der Brust.

 

CredoWeb: Welche präventiven Maßnahmen gibt es außer der Krebsvorsorge-Untersuchung noch & was kann man selbst tun, um das Krebsrisiko möglichst gering zu halten?

 

 

Dr. med. Jörg Meier:

 

 

Folgende Lebensstil-Faktoren erhöhen das Risiko an Brustkrebs zu erkranken:

 

 

  • Übergewicht (besonders eine übermäßige Gewichtszunahme in den Wechseljahren)
  • Alkoholabusus
  • Bewegungsmangel
  • Nikotin
  • Nacht-/Schichtarbeit

Durch körperliche Aktivität, Gewichtskontrolle, gute Blutzuckereinstellung bei Diabetes und Blutdruckeinstellung bei Bluthochdruck wird das Risiko an einem Gebärmutterschleimhautkrebs zu erkranken vermindert.

Die Einnahme einer hormonellen Kontrazeption (die Pille) reduziert übrigens das Risiko an Eierstock- und Gebärmutterschleimhautkrebs zu erkranken. Dies stellt jedoch kein Grund für die „Pilleneinnahme“ dar.

 

Eine ideale Vorbeugung an einem Gebärmutterhalskrebs zu erkranken ist die HPV-Impfung. Diese gilt als effektiv und sicher. Die Impfung verhindert sowohl sogenannte Präkanzerosen (Gewebsveränderung mit einem erhöhten Risiko für eine bösartige Entartung) als auch durch HPV hervorgerufene Feigwarzen.

 

Die höchste Effektivität lässt sich durch impfen der Mädchen und Jungen im 9.-12. Lebensjahr erzielen. Aber auch Frauen bis zum 25. Lebensjahr, bis zu einem gewissen Prozentsatz sogar Frauen bis zum 45. Lebensjahr, profitieren von der HPV-Impfung. Nach einer bereits durchgeführten Konisation (operative Entfernung von durch HPV-Infekt verändertem Gewebe am Gebärmutterhals) sollte ebenfalls zu einer HPV-Impfung geraten werden.

 

Die HPV-Impfung reduziert auch das Krebserkrankungsrisiko eines Teils der Scheiden- und äußeren Genitalkrebserkrankungen.

 

Interview: Christina Neumayer/CredoWeb

 

 

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