Artikel

Impfungen: Über Nebenwirkungen, Reiseschutz & COVID-19

Impfungen: Über Nebenwirkungen, Reiseschutz & COVID-19


Univ. FÄ Dr. med. univ. Elisabeth König ist am Diagnostik- & Forschungsinstitut für Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin an der MedUni Graz, sowie an der Sektion für Infektiologie und Tropenmedizin des LKH-Univ. Klinikums Graz beschäftigt und beantwortet uns spannende Fragen rund um das Thema Impfen.
Dr. König ist nicht nur Fachärztin für Hygiene und Mikrobiologie, sondern wurde 2015 mit dem Poster Award des 23sten DOSCH-Symposiums ausgezeichnet.

 

CredoWeb: Wie schützen uns Impfungen vor Infektionskrankheiten?

 

Dr. Elisabeth König: Bei einer Impfung werden dem Körper abgeschwächte bzw. abgetötete Erreger oder auch nur Bestandteile von Krankheitserregern verabreicht. Unserem Immunsystem wird so eine Infektion vorgetäuscht und es reagiert mit der Bildung von Antikörpern.

 

Bei einem erneuten Kontakt mit dem „echten“ Krankheitserreger können die Antikörper sofort reagieren und die Erkrankung wird schon im Vorfeld verhindert. Eine Impfung bietet also die Möglichkeit, das Immunsystem an einem ungefährlichen Gegner zu trainieren.

 

 

CredoWeb: Gibt es allgemein relevante Nebenwirkungen?

 

Dr. Elisabeth König: Hier unterscheidet man zwischen Lokal- und Allgemeinreaktionen, sogenannter „Impfkrankheit“ und allergischen Reaktionen. Wirkliche „Impfschäden“ kommen äußerst selten vor, können aber nicht mit letzter Konsequenz ausgeschlossen werden. Dabei ist festzuhalten, dass der Nutzen einer Impfung bei weitem überwiegt.
https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Impfen/Impfplan-%C3%96sterreich.htmlwww.rki.dehttps://www.who.int/publications/m/item/draft-landscape-of-covid-19-candidate-vaccines

 

Lokal- und Allgemeinreaktionen:

 

 

  • Rötung,
  • Schwellung,
  • Schmerzen an der Injektionsstelle,
  • Temperaturerhöhung/Fieber,
  • Kopf- und Gliederschmerzen,
  • Mattigkeit,
  • Müdigkeit,
  • Übelkeit,
  • Schwellung der regionären Lymphknoten und
  • Unwohlsein

 

Diese halten meist für die Dauer von 1 bis 3 Tagen an und sind generell Ausdruck der normalen Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff.


Die sogenannte „Impfkrankheit“ tritt ca. 1–3 Wochen nach einer Impfung mit Masern-, Mumps-, Röteln- bzw. Varizellenimpfstoffen auf und ist als normale Impfreaktion zu betrachten:

 

  • leichte Parotisschwellung (= Ohrspeicheldrüsenschwellung),
  • masern- bzw. varizellenähnliches Exanthem (= Hautausschlag),
  • aber auch Arthralgien (= Gelenksschmerzen)

Es ist allerdings zu beachten das ein zeitlicher Zusammenhang zwischen körperlicher Reaktion und Impfung nicht zwingend mit dieser in Zusammenhang stehen muss.

 

Allergische Reaktionen nach Impfungen mit gesichertem Kausalzusammenhang treten selten und in erster Linie bei Lebendimpfstoffen auf (geschätzt ein Fall auf 500.000 bis 1 Million Impfdosen).

 

Lebensbedrohliche Anaphylaxien kommen sehr selten, mit einer geschätzten Häufigkeit im Bereich von 1 Fall auf 1,5 Millionen verabreichten Dosen, vor.


 

CredoWeb: Gibt es generelle Impfungen, welche für jede Reisende/jeden Reisenden unabhängig von den Reisebedingungen empfohlen werden?

 

Dr. Elisabeth König: Eine Reise sollte dazu genutzt werden, um seinen Impfstatus zu überprüfen. Prinzipiell sollten fällige Auffrischungsimpfungen (z.B. Tetanus) durchgeführt werden. Auch eine vollständige Immunisierung gegen Masern (2 Impfungen) sollte auf jeden Fall vorliegen. Ebenso ratsam ist ein Schutz gegen Hepatitis A und B.

 


CredoWeb: Wann benötigt man spezielle Reiseimpfungen und welche sind das?

 

Dr. Elisabeth König: Abhängig von Reisedestination, Reisezeit und Reisestil können unterschiedliche Reiseimpfungen wie Impfungen gegen

 

 

  • Typhus,
  • Gelbfieber,
  • Tollwut oder
  • Japan-Enzephalitis

 

 

notwendig sein.

 

Zu beachten sind auch Impfvorschriften einzelner Länder wie das zum Beispiel bei der Gelbfieberimpfung der Fall sein kann.

 

CredoWeb: Zu welchem Zeitpunkt vor Reiseantritt soll geimpft werden?

 

Dr. Elisabeth König: Ca. 10-14 Tage vor Reiseantritt sollten die Impfungen abgeschlossen sein. Je nach vorbestehendem Impfstatus sind mehrere Impfungen notwendig. Deshalb ist es sinnvoll bereits 6-8 Wochen vor Reiseantritt den Impfpass kontrollieren zu lassen.



CredoWeb: Wann darf nicht geimpft werden?

 

Dr. Elisabeth König: Bei Vorliegen einer akuten Infektion, sollte zu einem späteren Zeitpunkt geimpft werden. Bestehende Allergien gegen Inhaltsstoffe des Impfstoffes können eine Kontraindikation darstellen. Eine strenge Indikationsstellung gilt auch für PatientInnnen, die immunsupprimiert (z.B. Rheuma-PatientInnen) sind. Lebendimpfungen sind dann eventuell kontraindiziert.


 

CredoWeb: Wie ist Ihre Haltung betreffend des kommenden COVID-19-Impfstoffes? Ist der Impfstoff trotz fehlender Langzeitstudien als „sicher“ einzustufen?

 

Dr. Elisabeth König: Derzeit ist noch unklar welchen Impfstoff es dann letztendlich geben wird. Weltweit arbeiten ForscherInnen an mehr als 150 Impfstoffkandidaten, mit Stand 22.09.20 befanden sich 38 Impfstoffe in der klinischen Prüfung. Außerdem werden Impfstoffe nach Marktzulassung hinsichtlich Wirksamkeit und Nebenwirkungen weiter überwacht, um auch sehr seltene Nebenwirkungen zu erfassen.

 


Prinzipiell werden Impfstoffe immer erst nach sorgfältiger Überprüfung auf den Markt gebracht. Sowohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als auch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) haben angekündigt, den Zulassungsprozess aufgrund der Dringlichkeit in einzelnen Punkten zu vereinfachen. Dabei bleibt die Sicherheit der Impfstoffe jedoch oberste Priorität.

 

Interview: Christina Neumayer/CredoWeb

Österreichischer Impfplan 2020: https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Impfen/Impfplan-%C3%96sterreich.html

Robert-Koch-Institut: www.rki.de

“DRAFT landscape of COVID-19 candidate vaccines – 22 September 2020”: https://www.who.int/publications/m/item/draft-landscape-of-covid-19-candidate-vaccines

Kommentare