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Medizinisch unterstützte Gewichtsreduktion

Medizinisch unterstützte Gewichtsreduktion

 

Universitätsprofessor Dr. Peter Frigo ist Facharzt für Gynäkologie & Geburtshilfe, sowie Leiter der Hormonambulanz an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde an der Medizinischen Universität Wien.
Ein ganz besonderes Anliegen ist ihm die Unterstützung bei der Erhaltung des Wohlbefindens im Verlauf mehrerer Lebensabschnitte. Dazu zählt nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch die Erhaltung der Schönheit mittels der uns zur Verfügung stehenden Mittel, z.B. die Behandlung mit bio-identen Hormonen oder eine schonend, medizinisch unterstützte Gewichtsreduktion.

 

 

CredoWeb: Wann spricht man von Adipositas?

 

Univ.-Prof. Dr. Peter Frigo: Adipositas (= Fettleibigkeit) hat mehrere Definitionen, wobei einer der wichtigsten der BMI (Body-Mass-Index kg/m2) ist.


Ist dieser über 30 spricht man von Adipositas: Normalgewicht 18,5 – 24,9; Übergewicht 25,0-29,9, Adipositas > 30

 

Ein guter Parameter für das metabolische Syndrom und das viszerale Fett ist auch der Bauchumfang:

 

< 80cm bei Frauen; <94cm bei Männern wird als normal klassifiziert.

 

CredoWeb: Was sind die häufigsten Gründe für Fettleibigkeit?

 

Univ.-Prof. Dr. Peter Frigo: Ein ungesunder Lebensstil ist die Hauptursache für Fettleibigkeit.

 

 

Lifestyleänderung ist das Zauberwort und basiert auf drei Säulen:

 

  1. Änderung der Ernährungsgewohnheiten
  2. Körperliches Training
  3. Psychologische Betreuung

 

Daraus ergeben sich auch die Gründe:

 

  • schlechte Ernährungsgewohnheiten,
  • wenig bis kein körperliches Training aber auch
  • psychische Ursachen wie Stress

 

CredoWeb: Warum nehmen Frauen im Wechsel automatisch etwas zu?

 

Univ.-Prof. Dr. Peter Frigo: Gerade in der Menopause nehmen Frauen aufgrund der hormonellen Umstellung (Abfall der weiblichen Sexualhormone und um das 60. Lebensjahr auch Abfall der männlichen Hormone) aber auch oft durch sich verändernde Lebensumstände (Partner, Beruf, Kinder) tendenziell zu.

Dazu kommen noch der sich verlangsamende Stoffwechsel (besonders bei Trainingsmangel) und die Einnahme von Psychopharmaka.


 

CredoWeb: Was sind die größten Hürden bei der Gewichtsreduktion?

 

Univ.-Prof. Dr. Peter Frigo:

 

Letzten Endes ist die „reduction of calories“ (= Kalorienreduktion) besonders wichtig für einen Diäterfolg.


Jedoch ist das auch ein sehr emotionales Thema. Hier werden soziale Faktoren wie „wir essen alle zu Abend“ genannt, sowie „keine Zeit für Training“ oder auch „ich esse ja nur Salat“.

Das Hinausgehen aus der Komfortzone ist in unserer Gesellschaft schwierig geworden. Daher werden jetzt Medikamente immer weiter entwickelt, um diesen Schritt zu erleichtern.

 

CredoWeb: Was sind die effektivsten Methoden, um abzunehmen?

 

Univ.-Prof. Dr. Peter Frigo: Jede Diät hat Ihre Vor- und Nachteile.

 

Eine generelle Lifestyleumstellung ist daher am effektivsten.  Unsere Ambulanz empfiehlt seit Jahrzehnten „Dinner-Cancelling“ mit gutem Erfolg. Intervalldiäten sind einfach in der Anwendung, effektiv und werden von Patienten gut akzeptiert.

 

Low-Carb-Diäten (Metabolic, Montignac) sind sehr beliebt, weil sie ebenfalls sehr effektiv sind, ganz egal ob man einfach weniger Kohlehydrate isst, mehr Fett (Ketondiät) oder mehr Eiweiß (Atkins).

 

Die Hauptproblematik liegt hier bei dem bekannten „Jo-Jo-Effekt“.

 

Wenn der Weg allerdings zu weit wird (> 30kg) war bisher nur eine bariatrische Operation (= chirurgische Maßnahmen zur Behandlung von krankhaftem Übergewicht wie zB ein Magenband) in der Lage, eine größere Gewichtsabnahme in einer überschaubaren Zeit zu garantieren. Allerdings gibt es hier auch einige Nebenwirkungen wie ein Vitaminmangel, hormonelle Schwankungen, etc.

 

CredoWeb: Welche medikamentösen Möglichkeiten gibt es hierbei?

 

Univ.-Prof. Dr. Peter Frigo: 

 

Derzeit stehen in Österreich drei medikamentöse Therapien zur Verfügung:

 

  1. Orlistat, ein Lipasehemmer
  2. Liraglutid, ein Glucagon-like-Peptide-1-Rezeptor-Agonist GLP-I
  3. Kombinationspräparat Naltrexon und Bupropion

 

Der Vollständigkeit möchte ich noch zwei individuelle Hormontherapien erwähnen, die auf die hormonelle Situation und das Alter der Patienten abgestimmt werden müssen:

 

  1. HCG-Diät („Cura romana“), Schwangerschaftshormon stimuliert den Stoffwechsel
  2. GH-Diät – Wachstumshormon (GH) baut Fett ab und Muskeln auf

 

CredoWeb: Was gibt es diesbezüglich Neues aus der Forschung? Dürfen wir in der Zukunft auf ein "Wundermittel" hoffen?
 

Univ.-Prof. Dr. Peter Frigo:

 

Liraglutid wurde eigentlich zur Behandlung von Typ-2 Diabetes entwickelt:

 

Dabei wurde beobachtet, dass Liraglutid nicht nur den Blutzucker senkt, sondern auch das Gewicht reduziert. Seit neuestem ist es nicht nur für den Typ-2 Diabetes, sondern auch als antiadipöse Therapie zugelassen (BMI>27).

 

Die Dosis wird wöchentlich gesteigert, um die Verträglichkeit zu gewährleisten (0,6 – 3mg). Studien zeigten, dass im Durchschnitt 10 % Gewichtsverlust möglich sind. Nebenwirkungen gibt es vor allem im Verdauungstrakt (vor allem Übelkeit).

 

Bei Pankreatitis (= Bauchspeicheldrüsenentzündung), Cholezystitis (= Gallenblasenentzündung) und medullärem Schilddrüsenkarzinom sollte es nicht angewandt werden.

 

Die Zukunft wird ein Zweier- und ein Dreierkombinationspräparat aus Liraglutid gemischt mit anderen körpereigenen „Appetitzüglerhormonen“ sein. In einigen Jahren wird es das Präparat auch in Tablettenform (derzeit wird Liraglutid subkutan mit einem Pen angewendet) geben.

 

In jedem Fall sollte den typischen Begleit- bzw. Folgeerkrankungen von Fettleibigkeit mit einer Therapie entgegengewirkt werden, die da sind:

 

  • Metabolisches Syndrom (= Kombination aus Übergewicht, Fettstoffwechselstörung, erhöhter Blutzucker bzw. Zuckerstoffwechselstörung und Bluthochdruck)
  • Typ-2 Diabetes,
  • Dyslipidämie (= Fettstoffwechselstörung),
  • Hypertonie (= Bluthochdruck),
  • nicht-alkoholische Fettleber,
  • PCO-Syndrom (Polycystische Ovarien),
  • Schlafapnoesyndrom (= Atmungsstörung im Schlaf),
  • GERD (gastroösophagealer Refluxkrankheit) und viele andere….

 

Für weitere Informationen besuchen Sie bitte meine Website: https://docfrigo.at oder kontaktieren Sie mich telefonisch unter +43 (664) 511 04 53 oder per Mail office@docfrigo.at

 

 

Interview: Christina Neumayer/CredoWeb

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