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Neurologische Komplikationen unter COVID-19 & ein Blick in die Zukunft

Neurologische Komplikationen unter COVID-19 & ein Blick in die Zukunft


Der MS-Spezialist Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger, MSc leitet seit 2018 die Universitätsklinik für Neurologie an der Medizinischen Universität Wien und arbeitet aktiv an aktuellen Studien zu SARS-CoV-2.
Ihm ist als Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie das Thema Aufklärung äußerst wichtig & so nahm er sich trotz seiner eingeschränkten zeitlichen Ressourcen Zeit für ein Interview mit uns & beantwortete unsere brennenden Fragen rund um COVID-19.

 

 

 

CredoWeb: Wie kann es zu neurologischen Störungen oder Symptomen durch eine COVID-19-Infektion kommen und welche Komplikationen können auftreten?

 

 


Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger, MSc: Prinzipiell gibt es 4 verschiedene Wege, wie es zu neurologischen Komplikationen in diesem Zusammenhang kommen kann. 


Der 1. Weg ist der häufigste: Im Rahmen einer schweren Infektion, so auch bei SARS-Cov2, können unter anderem folgende neurologische Symptome als sogenannte „septische Enzephalopathie“ auftreten: 

  • Verwirrtheit
  • Bewusstseinsstörungen
  • Agitiertheit (= krankhafte Unruhe, bei der es zu heftigen und hastigen Bewegungen des Patienten kommt)
  • Schläfrigkeit


Darüber hinaus kann es im Zuge einer schweren COVID-19-Erkrankung, wo Menschen auf Intensivstationen wegen der Notwendigkeit einer Beatmung usw. sein müssen, zu neurologischen Komplikationen kommen. Wenn Patienten einen schweren Infektionsverlauf haben, bekommen sie womöglich ein Multiorganversagen, hierbei besteht im Rahmen von Gerinnungsstörungen das Risiko für einen Schlaganfall oder auch Mikroblutungen. 



Auch wenn Patienten lange beatmet werden müssen, was bei COVID-19 aufgrund der schweren Lungenbeteiligung ja der Fall ist, können sich neurologische Schäden, im Sinne von hypoxischen Schäden oder Folgen einer langzeitigen Beatmung/Intensivaufenthalt zeigen.



Zur 2. Gruppe zählen Patienten, bei denen das Nervensystem direkt durch SARS-CoV-2- infiziert wurde. Hier kann es zu einer Meningitis (= Hirnhautentzündung), Enzephalitis (= Gehirnentzündung) oder auch zu einer Myelitis (= Rückenmarksentzündung) kommen. 


 


Das sind aber Erkrankungen, die bei jeder Infektion auftreten können und so natürlich auch bei einer SARS-CoV-2-Infektion. Diese Komplikationen treten aber sehr selten auf. Es gibt nur wenig publizierte Fälle, die eine eindeutige SARS-CoV2 bedingte Enzephalitis oder Meningitis zeigen.


Bei der 3. Gruppe ist das sogenannte periphere Nervensystem betroffen. Hier gehört unter anderem die Geruchsstörung dazu. 
Wobei die Geruchsstörung nach heutigem Wissensstand überwiegend keine tatsächliche Infektion der Geruchsnerven oder der Geruchsbahn ist, sondern eine Infektion der sogenannten Stützzellen, die um diese Geruchszellen herumliegen. Das erklärt auch, warum sich der Großteil der Geruchs- und Geschmacksstörungen (ca. 80%) erfreulicherweise innerhalb von 1 Woche bzw. 10 Tagen wieder zurückbilden. Wenn Geruchsnerven selbst infiziert oder gar zerstört würden, dann gäbe es keine Rückbildung. 

Es gibt aber trotzdem Patienten (etwa 10%), die eine länger andauernde Geruchsstörung haben. Wie lange diese Störung tatsächlich anhält, ist jetzt aufgrund der (noch) kurzen Beobachtungszeiträume schwierig zu sagen, aber es gibt Patienten, die mich bereits diesbezüglich kontaktiert haben. Sie berichteten, dass sie im Juni 2020 erkrankt sind und bis jetzt noch immer keinen Geruchssinn haben oder nur eine leichte Besserung verspüren. Das kann einerseits davon rühren, dass im Bereich des Hirnstammes, genau dort wo diese Geruchsnerven gewissermaßen ihren Ausgang nehmen, eine Entzündung stattfindet. Das ist natürlich ein ungünstiger Zufall, aber das kann eine mögliche Erklärung sein. Hier ist der Nerv dann tatsächlich direkt betroffen. Dies kommt äußerst selten vor. Es wurden bisher erst 2 oder 3 solcher Fälle publiziert.


 


Natürlich kann es auch sein, dass etwaige Vorschädigungen, wie zB chronische Schleimhautstörungen oder generell bei Rauchern die Regeneration der Geruchsstörung nach einer SARS-Cov2 Infektion verlangsamen.


Die 4. Gruppe ist auch etwas, was bei allen Infektionen vorkommen kann, so auch beim SARS-CoV-2, und zwar sind das sogenannte neurologische Autoimmunerkrankungen. Diese treten eigentlich erst beim Abklingen oder nach der eigentlichen Infektion auf. Der Grund dafür ist, dass es im Zuge der Immunreaktion gegen das Virus, sprich der Immunabwehr, zu einer überschießenden Immunantwort kommt, die wiederum, und das muss man einfach so salopp sagen, wie es ist, einem blöden immunologischen Zufall entspricht, indem sich die Immunreaktion nicht nur gegen das Virus, sondern auch gegen körpereigenes Gewebe, in diesem Fall das zentrale (Gehirn oder Rückenmark) oder periphere Nervensystem richtet. Hier spricht man von sogenannten para- oder postinfektiösen neurologischen Autoimmunerkrankungen.



Hier gibt es 3 wesentliche Erkrankungen, die auftreten können:

  1. Myelitis
  2. ADEM
  3. Guillain-Barré-Syndrom


Sowohl eine Infektion als auch noch seltener eine Impfung können solche para/postinfektiösen bzw. postvakkzinalen (nach einer Impfung) Autoimmunreaktionen hervorrufen. Diese Reaktionen kennen wir bereits von allen anderen Impfungen, sowie auch von allen anderen Infektionen. Das ist also nichts Neues, jedoch glücklicherweise eine äußerste Seltenheit. 


ad 1/2) D.h. es kann para- oder postinfektiös im Rückenmark (= Myelitis) oder im Gehirn eine Entzündung auftreten. Wenn die Entzündung im Gehirn auftritt, spricht man von einer akuten demyelinisierenden Enzephalomyelopathie (= ADEM). Dieses ADEM ist uns auch bereits bekannt. Es kann bei Kindern und Erwachsenen im Zuge einer Infektion auftreten, wie wohl auch dieses sehr selten vorkommt.


ad 3) Es kann auch sein, dass die Nervenwurzeln und die peripheren Nerven betroffen sind. Diese Erkrankung nennt sich Guillain-Barré-Syndrom. Das ist eine Entzündung des peripheren Nervensystems. Am Guillain-Barré-Syndrom können Patienten auch versterben, wenn auch die Atemmuskulatur betroffen wäre. Das kommt allerdings nur bei 1-2% aller Patienten mit diesem Syndrom vor. In Österreich gab es meines Wissens bisher 4 Fälle mit COVID19-assoziiertem Guillain-Barré-Syndrom.
Gehäufte Fälle dieses Syndroms gab es übrigens zuletzt im Zusammenhang mit dem Zika-Virus (erstmals 1947 aus einem Rhesusaffen im Zika-Wald in Uganda isoliert; 2015 erste Zika-Virus-Infektion in Brasilien, seitdem in mehr als 65 Ländern weltweit ausgebreitet; hauptsächlich betroffen: tropische und subtropische Gebiete, wie Mittel- und Südamerika, Karibik, Teile der USA sowie Südostasien). Das ist also auch etwas, das wir schon kennen.

 


CredoWeb: Kann man zum jetzigen Zeitpunkt schon von neurologischen Langzeitschäden sprechen?

 


Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger, MSc: 

 


Um von Langzeitschäden zu sprechen, muss man seriöserweise sagen, ist man für solche Aussagen, neun Monate nach Ausbruch der Krankheit, noch nicht lange genug im Geschehen. 

 


Aber man kann durchaus aus verschiedenen Gründen spekulieren, dass zB Schlafstörungen oder kognitive Beeinträchtigungen tatsächlich Langzeitfolgen sein könnten. Das schließt man daraus, dass es Untersuchungen aus dem Liquor (= Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit) gibt, die zeigen, dass bei COVID19 Patienten, bei denen sich im MRT keine Pathologie zeigt, bestimmte Biomarker erhöht sind, die auf eine Schädigung von Nervenzellen rückschließen lassen. Das heißt also, dass sich hier offensichtlich irgendwas, direkt oder indirekt, abspielen muss.


Ebenso hat man MRT-Untersuchungen bei Patienten gemacht, die eine schwere COVID-19-Infektion überstanden haben. Hier zeigten sich im MRT Mikroblutungen. Jetzt könnte man sagen, dass das auch hier wieder die Folge eines Multiorganversagens ist und des Intensivaufenthaltes ist. Aber diese MRT-Bilder zeigen, dass offensichtlich irgendein Folgeproblem entstanden ist. Daraus kann man wiederum leicht ableiten, dass wenn diese Mikroblutung an einer entscheidenden Stelle aufgetreten ist, diese dann Schlafstörungen, Gedächtnisstörungen und andere kognitive Störungen verursachen könnten. 

 


Um diese Fragen zu beantworten, ist es immens wichtig, dass wir als Neurologen diese potenziellen Komplikationen oder Schäden systematisch dokumentieren und festhalten. 

 


Das passiert auf 2 verschiedenen Wegen: 


NeuroCOVID-19-Register der European Academy of Neurology (= Europäische Neurologie-Vereinigung)

Hier sind bereits weltweit über 400 Zentren inkludiert. Dieses Register dient dazu, um zu dokumentieren, was es an neurologischen Symptomen/Komplikationen oder vielleicht auch Nachfolgeproblemen bzw. Langzeitfolgen gibt.

 


Lokale Studien, zB. an der MedUni Wien

Wir selbst beteiligen uns an einer Studie, bei Menschen, die an COVID-19 erkrankt waren und einen schweren Verlauf mit Spitalsaufenthalt hatten, mit MRTs (Magnetresonanztomographie) untersucht werden. Bei dieser Studie wollen wir mit Untersuchungen zur Neuropsychologie und dem Schlafverhalten klären, ob es tatsächlich zu neurologischen Langzeitkomplikationen bzw. Folgeschäden durch eine SARS-CoV2 Infektion kommt. 



Das ist sehr wichtig, da in 1 Jahr möglicherweise viele Menschen Beschwerden oder eigenartige Symptome beschreiben, und diese Beschwerden dann dem SARS-CoV-2-Virus zuschreiben. Das kann stimmen oder auch nicht. Hier müssen wir Klarheit schaffen. 



CredoWeb: Gibt es Personengruppen, die besonders für neurologische Störungen im Zuge einer solchen Infektion gefährdet sind?

 


Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger, MSc: 

 


Nehmen wir hierfür das Beispiel Schlaganfall: 
Wenn jemand 70 Jahre alt ist und einige typische Risikofaktoren hat, wie zB erhöhten Blutdruck, Diabetes usw. dann fällt so jemand sowohl in die Risikogruppe für einen möglichen Schlaganfall und als auch in die Risikogruppe eines möglichen schweren COVID-19-Verlaufs.
D.h. hier treffen 2 Risikofaktoren aufeinander: Das Alter + die Risikofaktoren, die sowohl für einen Schlaganfall als auch für die SARS-CoV-2-Infektion ein Risiko darstellt.

 


Man kann es also sehr simpel auf den Punkt bringen: Die allgemein gültigen Risikogruppen, sind auch die, die ein erhöhtes Risiko für eine neurologische Komplikation oder Symptomatik haben.



CredoWeb: Zählen Patienten mit Multipler Sklerose zu einer Risikogruppe?

 


Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger, MSc: 

 


Das kann man sehr klar mit NEIN beantworten, und zwar auf 2 verschiedenen Ebenen.


Natürlich wussten wir alle (nicht nur hier in Österreich, sondern weltweit) Mitte März nicht, ob unsere MS-Patienten ein Risiko hätten, leichter eine SARS-CoV-2-Infektion zu bekommen oder einen schwereren Verlauf zu haben. Wir wussten auch nicht, ob sie aufgrund der MS-Therapie womöglich einen schwereren Verlauf haben würden.



Wir haben uns dann relativ schnell dazu entschlossen, uns eine einheitliche Meinung zu bilden. Hierfür war ich bei einer großen Anzahl an Telefon- und Videokonferenzen quer um den Globus mit meinen Kollegen verbunden und wir waren uns sehr schnell über eine gemeinsame Vorgehensweisen einig. 


Diese Vorgehensweisen haben wir zB in Österreich über die Österreichische Gesellschaft für Neurologie an alle Neurologinnen und Neurologen ausgeschickt:

 

  1. NEIN, Patienten mit MS haben kein erhöhtes Risiko an SARS-CoV-2 zu erkranken.
  2. Die Therapien, ob jemand eine laufendeTherapie hat oder eine Therapie beginnen sollte, sollten bis auf eine Ausnahme, weitergegeben oder wie geplant begonnen werden, weil es definitiv, bis zum heutigen Tag, keinen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für einen schwereren Verlaufs gibt. 


Es wird sogar eher das Gegenteil vermutet. Und zwar deswegen, weil die SARS-CoV-2-Infektion dadurch gekennzeichnet ist, dass es zu einer Art Zytokinsturm (= potentiell lebensgefährliche Entgleisung des Immunsystems) kommt. 

 


Dieser Zytokinsturm verursacht oft Komplikationen, die zu einem Lungen- oder überhaupt Multiorganversagen führen.


Wenn also jemand eine leichte Immunsuppression (MS-Therapeutika, aber auch Antirheumatika etc.) erhält, dann kann das sogar eher von Vorteil sein, sodass es nicht zu diesem Zytokinsturm bzw. einer geringeren Ausprägung kommt. Hierzu gibt es bereits gute Überlegungen, jedoch ist diese Theorie noch nicht ganz belegt. 
Zumindest haben diese Patienten kein erhöhtes Risiko, einen schwereren Verlauf im Falle einer Infektion zu haben, wenn sie ihre Therapien weiter nehmen.

 


ABER es gibt sehr wohl MS-Patienten, die ein erhöhtes Risiko haben. Hier gelten wieder die Faktoren, die auch für die Allgemeinbevölkerung gelten. Nämlich wenn die Patienten älter sind, wenn sie andere Erkrankungen haben und/oder wenn ihre Beweglichkeit eingeschränkt ist (zB im Rollstuhl oder bettlägerig). Wenn also jemand von Multipler Sklerose sehr betroffen ist, dann gehört derjenige aufgrund der genannten Faktoren auch zur Risikogruppe.

 


CredoWeb: Ein kurzer Blick in die Glaskugel: Für wann halten Sie das Ende der Pandemie für realistisch und was wäre/ist hierfür notwendig? Wie geht es weiter?

 


Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger, MSc: 

 


Ich bin zwar kein Virologe oder Epidemiologe, aber es gibt ein ganz banales Ziel. Dieses banale Ziel heißt Herdenimmunität


Das heißt, je größer in einer Population die Herdenimmunität ist, desto mehr wird diese Erkrankung schwinden. 

 


Und das kann man über zwei Wege erreichen: 


Eine Möglichkeit ist, dass wir einfach alle erkranken lassen. Das kann man machen, aber man muss dann möglicherweise ein paar hunderttausend Tote verantworten. Das ist natürlich ein Schwachsinn!
Wobei das ja auf subtile Weise bereits seit März abläuft. Im März gab es eine tatsächliche rasante, exponentielle Zunahme der Infektionen, gefolgt von schleichend steigenden Infektionszahlen ab Ende des Sommers. Das bedeutet, es sind nun einfach viel mehr Leute infiziert und verteilen das Virus somit auch weiter. 



Umgekehrt heißt das auch, je mehr Infizierte, desto näher kommt man an eine Herdenimmunität heran. Aber man spricht von Herdenimmunität, wenn 60-70% einer Population erkrankt, folglich dann immun sind. Um diesen Perozentsatz auf diese Weise zu erreichen, würde es Jahre brauchen – kein wirklich gangbarer Weg.

 


Daher ist die 2. Form natürlich die Impfung

 


Wenn sich laut eines Modells des Mathematikers Nikolas Popper zB 30-40% der Leute gezielt impfen lassen, dann sinkt auch die Infektionsrate um 60%.


 
Was vielleicht auch wichtig ist, aber von dem man noch am allerwenigsten weiß, ist die Frage, ob die steigenden oder sinkenden Infektionszahlen auch saisonal eine Rolle spielen, was sehr wahrscheinlich ist. 

 


Man hat bereits bei anderen Infektionskrankheiten gesehen, dass äußere Faktoren in der Verminderung der Infektionen durchaus eine Rolle spielen d.h. wenn der Winter vorbei ist und der Sommer beginnt, dann nehmen die Infektionszahlen saisonal ab. 


Wenn wir das alles zusammenrechnen, kann man jetzt noch nicht prognostizieren, dass wir das Thema in einem halben Jahr überstanden haben. 


Ich glaube, das Virus wird uns das nächstes Jahr noch betreffen, aber natürlich unter Berücksichtigung der gesamten Lernkurve, die wir damit haben, auch wenn nicht alle diese Lernkurve eindeutig erkennen wollen oder erkennen.


Noch wissen wir ja zB nicht, wenn die Leute geimpft sind, ob sie dann auch keine Überträger sind. Das ist eine essenzielle Erkenntnis, weil wenn nicht, haben diejenigen zwar einen Selbstschutz, geben aber keinen Fremdschutz!


Die nächste Frage ist dann, ob diejenigen die erkrankt sind auch genügend Antikörper gegen das Virus produzieren, um dagegen nachhaltig immun zu sein bzw. zu bleiben. 
Jede Infektionserkrankung verursacht eine Immunantwort und demnach produziert unser Körper Antikörper. Wir wissen bereits, dass Antiköper gegen SARS-CoV-2 bei Patienten vorhanden sind, die eine COVID19 Erkrankung überstanden haben, unabhängig davon, ob sie einen leichten oder schweren Verlauf hatten. 


Hier spielt jedoch wahrscheinlich die Titerhöhe dieser Antikörper eine wichtige Rolle. Wenn man eine schwere Infektion hatte, hatte man auch eine stärkere Immunreaktion dagegen, weil man es sonst nicht überlebt hätte. Wenn man aber keine Symptome hatte, also asymptomatisch positiv war, dann hatte man vermutlich auch keine besonders starke Immunantwort dagegen. Dadurch kann sein, dass die Titerhöhe sehr unterschiedlich und auch unterschiedlich indikativ für die Immunität ist. 

 


Die Titerhöhe wird definieren, wie lange jemand immun ist.

 


Wir selbst machen hier auf der Neurologie auch Untersuchungen zu Antikörpern. Wir haben hierbei einen rein methodischen Zugang.
Man kann schnelle und durchaus valide AK-Tests von verschiedenen Firmen kaufen, aber diese haben immer einen diagnostischen Graubereich hinsichtlich falsch negativer oder positiver Testergebnisse. 

 


Wir haben hier auf der MedUni Wien, so auch die Kollegen in Innsbruck, ein bereits etabliertes Testsystem, das man auch für SARS-CoV2 nutzen kann, für diese AK-Testungen entwickelt, das sehr spezifisch ist. 


Die nächste Gretchenfrage ist also, wie lange die Immunität anhält. Zusätzlich gilt hier auch dasselbe: Ist das mehr ein Selbstschutz oder gibt es auch einen Fremdschutz? 

 


Nur weil jemand Antikörper aufweist, kann er trotzdem noch Überträger sein.

 


Jedes Monat, dass wir länger halbwegs mit dieser Pandemie überstehen, steigt auch der Erkenntnisgewinn. 


Im März 2021 befinden wir uns dann 1 Jahr nach Ausbruch der Pandemie, dann ist das Wissen schon relativ repräsentativ. Wenn die Antikörper nach 1 Jahr verschwunden sind, dann ist das eine wenig erfeuliche, aber äußerst wichtige Erkenntnis! Wenn dies der Fall wäre, ist es besser sich impfen zu lassen und nicht darauf zu vertrauen, dass man nach überstandener SARS-CoV-2-Infektion dagegen immun ist.

 


Das sind zwar relativ banale Dinge, aber durch diese Erkenntnisse im Zuge des Zeitfaktors, werden wir auch mehr Sicherheit gewinnen.

 


Interview: Christina Neumayer/CredoWeb

 

Vortrag "Neurologisch-psychiatrische Komplikationen" beim Giftigen Livestream zum Thema "Medizinische Kollateralschäden unter COVID-19" vom 24.11.2020 veranstaltet von der Österreichischen Gesellschaft für Infektiologie und Tropenmedizin (ÖGIT) unter der Moderation von Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer.

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