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Die Zukunft der Krebstherapie bei Zervix- und Vulva-Krebs

Die Zukunft der Krebstherapie bei Zervix- und Vulva-Krebs

Individualisierung der Behandlung und Alternativen zur OP

 

Während die Behandlungsoptionen für Krebs immer vielfältiger werden und viele Tumoren dank besserer Screening-Pläne in einem sehr frühen Stadium gefunden werden können, ist die Diagnose Krebs noch immer ein Schock für viele. Krebs entsteht aber nicht immer plötzlich, sondern entwickelt sich in einigen Fällen aus Vorstufen, sogenannten Präkanzerosen. In der Gynäkologie sind zervikale intraepitheliale Neoplasien (CIN) und vulväre intraepitheliale Neoplasien (VIN) besonders im Fokus. Eine neue Studie von Forscher*innen der Med Uni Graz unter Leitung von Gerda Trutnovsky, die kürzlich im renommierten Journal „Lancet“ erschienen ist, hat sich mit der Behandlung dieser Krebsvorstufen auseinandergesetzt.


HPV als Risikofaktor

 

Auslöser dieser sogenannten hochgradigen intraepithelialen Neoplasien (HSIL) ist eine Infektion mit dem humanen Papillomvirus (HPV). Obwohl eine Impfung gegen den krebsauslösenden Erreger verfügbar ist, ist die Durchimpfungsrate leider gering, wodurch die Inzidenz – also das Auftreten in der Bevölkerung – von CIN und VIN in den letzten Jahren vor allem bei jüngeren Frauen sogar gestiegen ist.


OP als einziger Ausweg?

 

Wenn die Läsionen bzw. Neoplasien früh genug erkannt werden – also bevor aus der Präkanzerose echter Krebs wird –, kann durch schnelles Eingreifen Schlimmeres verhindert werden. Eine OP und eine chirurgische Entfernung sind aktuell die Go-to-Lösungen für HSIL im Bereich der Vulva und der Zervix. „Allerdings hat die OP auch Nachteile: Die operative Entfernung der VIN kann zu Wundheilungsstörungen, Narbenbildung und eventuell späteren sexuellen Beschwerden führen. Rezidive, also ein neuerliches Auftreten der Erkrankung, sind häufig, und oft sind mehrere Operationen notwendig“, erklärt Gerda Trutnovsky die Aspekte, die oft gegen einen chirurgischen Eingriff sprechen.


Das Immunsystem nutzen

 

Üblicherweise erkennt das Immunsystem defekte und wuchernde Zellen von selbst und zerstört diese rasch. Wenn die bösartigen Zellen diesem Mechanismus entgehen können, wird es gefährlich. Bei den Präkanzerosen in Vulva und Zervix kann allerdings ein kleiner Anstoß des Immunsystems bereits große Wirkung haben. Imiquimod heißt das Mittel, mit dem das Immunsystem dazu gebracht werden kann, die kranken Zellen zu vernichten. Diese Creme kann von den Frauen selbstständig auf die betroffenen Stellen aufgetragen werden. Das Mittel sorgt dafür, dass eine lokale Entzündung entsteht, wodurch die Läsionen ohne chirurgischen Eingriff durch das Immunsystem zerstört werden. Ein vollständiges Verschwinden der Läsionen kann in vielen Fällen erreicht werden.


PITVIN-Studie

 

In der im „Lancet“ erschienenen Studie wurden österreichweit 110 Frauen mit VIN mit einer chirurgischen Therapie oder mit der Creme Imiquimod behandelt und die Ergebnisse zwischen den beiden Therapiegruppen verglichen. „Dabei zeigte es sich, dass die Creme Imiquimod eine gute Wirkung und Verträglichkeit hat und die Erfolgsrate der Behandlung gleich gut wie nach einer OP ist“, erklärt Gerda Trutnovsky.


Abwägen und richtig entscheiden

 

Die Behandlung mit Imiquimod eröffnet eine neue Therapiemethode für Frauen, die die Nachteile einer operativen Therapie vermeiden wollen. Wichtig ist, dass die Creme regelmäßig, 2 bis 3 Mal pro Woche, verwendet wird und Kontrolluntersuchungen erfolgen. Bei Abwägung von Vor- und Nachteilen aller Optionen kann so eine bessere, sichere und erfolgreichere Behandlung der Präkanzerosen geschaffen und eine Krebserkrankung besser verhindert werden.

 

Weitere Informationen und Kontakt


Assoz.-Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in Gerda Trutnovsky
Medizinische Universität Graz
Klinische Abteilung für Gynäkologie
Tel. +43 316 385 81081
gerda.trutnovsky@medunigraz.at


Steckbrief: Gerda Trutnovsky
Gerda Trutnovsky hat Medizin in Graz und Sydney studiert und im Anschluss die
Facharzt*ärztinausbildung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Graz abgeschlossen. Sie
hat sich 2014 habilitiert und ist seit 2017 Assoz.-Prof.in an der Universitätsklinik für
Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Seit 2021 ist sie stellvertretende Leiterin der Klinischen
Abteilung für Gynäkologie.


Zur Studie: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S014067362200469X

https://www.medunigraz.at/news/

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