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Depressionen zeigen sich bei Männern anders als bei Frauen

Depressionen zeigen sich bei Männern anders als bei Frauen

Depressionen werden bei Männern seltener diagnostiziert als bei Frauen. Ein möglicher Grund dafür liegt in der nach wie vor mangelnden Kenntnis darüber, dass sich die psychische Erkrankung bei Männern mit anderen Symptomen äußert als bei Frauen. Johannes Wancata von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien schärft anlässlich des Weltmännertags das Bewusstsein dafür, dass unter anderem bei anhaltender Reizbarkeit oder auffälligem Risikoverhalten das Vorliegen einer Depression in Betracht gezogen und professionelle Hilfe gesucht werden sollten. Der Weltmännertag wird jährlich am 3. November als Aktionstag zur Männergesundheit begangen.


Erst in den vergangenen Jahren wurde das Konzept der „Male Depression“, also der
männlichen Depression, in Fachkreisen entwickelt. Dabei wird davon ausgegangen, dass bei
Männern bestimmte Anzeichen häufig die üblichen, bekannten Symptome einer Depression
überlagern. Während eine gedrückte Stimmungslage, der Verlust von Interessen und Freude,
verminderter Antrieb, aber auch Schuldgefühle, vermindertes Selbstwertgefühl, Pessimismus,
herabgesetzte Aufmerksamkeit, Suizidgedanken bzw. Suizidhandlungen, Schlafstörungen
und verminderter Appetit bei beiden Geschlechtern auf eine Depression hinweisen können,
finden sich bei Männern zusätzlich häufiger Reizbarkeit, Aggressivität und Risiko- bzw.
Suchtverhalten.


Das Wissen über diese Gender-Unterschiede hat bislang weder in die offizielle Diagnostik
noch in das öffentliche Bewusstsein Eingang gefunden. Bekannt hingegen ist, dass
Alkoholabhängigkeit bei Männern häufiger auftritt als bei Frauen. Ob es sich dabei um eine
durch den Alkoholkonsum „verdeckte“ Depression handelt oder um ein eigenes
Krankheitsbild, kann nach aktuellem Stand der Wissenschaft wiederum nicht eindeutig
beantwortet werden. „Jenseits dieser akademischen Diskussion sind die beschriebenen
Symptome bei Männern unbedingt ernst zu nehmen und ärztlich abzuklären“, betont
Johannes Wancata, Leiter der Klinischen Abteilung für Sozialpsychiatrie der Universitätsklinik
für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien.


Auch unterschiedliche Auslöser


In Österreich leben derzeit rund 730.000 Menschen mit einer Depression, 264.000 davon
gehören dem männlichen Geschlecht an. Dass Depressionen bei Männern seltener
diagnostiziert werden, wird heute nur mehr zum Teil darauf zurückgeführt, dass sie seltener
ärztliche Hilfe suchen als Frauen. Laut Forschungen könnten dabei auch die Hormone eine
Rolle spielen. So wird z. B. eine unterschiedliche Dichte an Östrogen- und Progesteronrezeptoren in diesem Zusammenhang als weitere mögliche Erklärung diskutiert.

 

Gender-Unterschiede beschreiben Wissenschafter:innen auch bei den möglichen Auslösern
von Depressionen: „Zahlreiche Studien berichten über soziale Risikofaktoren für das
Auftreten von Depressionen bei Frauen. Dazu gehören die Mehrfachbelastung durch
Haushalt, Kinderbetreuung und Beruf. Während zwischenmenschliche Konflikte bei Frauen
das Erkrankungsrisiko erhöhen, sind dies bei Männern Scheidung, Trennung aus einer
Beziehung und Probleme am Arbeitsplatz“, berichtet Johannes Wancata aus der Forschung.


Symptome zumindest über Wochen


Im Laufe eines Jahres leiden in Österreich 7,4 Prozent der Männer und 12,6 Prozent der
Frauen an einer Depression, wie eine im Jahr 2017 an der Klinischen Abteilung für
Sozialpsychiatrie der MedUni Wien durchgeführte repräsentative Studie ergab. Auch wenn es
bei beiden Geschlechtern klare Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen negativem
Stress und dem Entstehen von Depressionen gibt, lasse sich die oftmals kolportierte
steigende Zahl Betroffener aufgrund der aktuellen Krisenlage laut Johannes Wancata nicht
eindeutig bestätigen: „Es ist völlig gesund, auf Bedrohungen oder Krisen etwa mit Angst,
Sorgen oder Pessimismus zu reagieren. Wenn jedoch Symptome zumindest über mehrere
Wochen durchgehend vorhanden und so ausgeprägt sind, dass der Alltag nur mehr
eingeschränkt bewältigt werden kann, sollte eine psychische Erkrankung in Erwägung
gezogen werden.“


Kriseninterventionszentren in Österreich:
https://kriseninterventionszentrum.at/kontakt/weitere-einrichtungen/


Rückfragen bitte an:
Mag. Johannes Angerer
Leiter Kommunikation und
Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 01/ 40 160-11501
E-Mail: pr@meduniwien.ac.at
Spitalgasse 23, 1090 Wien
www.meduniwien.ac.at/pr


Mag.a Karin Kirschbichler
Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 01/ 40 160-11505
E-Mail: pr@meduniwien.ac.at
Spitalgasse 23, 1090 Wien
www.meduniwien.ac.at/pr

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