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Mehr Fokus auf soziale Kompetenzen im Medizinstudium entspricht aktuellem ärztlichem Berufsbild

Mehr Fokus auf soziale Kompetenzen im Medizinstudium entspricht aktuellem ärztlichem Berufsbild

Vizepräsident der ÖÄK begrüßt Ausbau des Testteils „Soziales Entscheiden“ beim Aufnahmeverfahren MedAT, vermisst aber die Erhöhung dessen Wertigkeit.


Jener Teil beim Medizinstudium-Aufnahmetest MedAT, in dem es um das Erfassen sozial-emotionaler Kompetenzen sowie um soziales Entscheiden geht, bekommt, wie gestern von den Universitäten bekanntgegeben wurde, ab sofort einen zusätzlichen Testteil „Emotionen regulieren“ und wird um weitere Fragen erweitert. Allerdings blieb die Gewichtung für das Gesamtergebnis unverändert. „Dass der Testteil ‚soziale Kompetenz‘ mehr Aufmerksamkeit erfährt, ist begrüßenswert und ein Schritt in die richtige Richtung. Wir hätten uns aber schon erhofft, dass auch die Gewichtung angepasst wird – das muss aus unserer Sicht der nächste Schritt sein“, befindet Harald Mayer, Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte und Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK). „Wir brauchen auch gute Ärzte – und nicht nur gute Studenten! Mehr Fokus auf soziale Kompetenzen zu legen und diese auch höher zu bewerten, entspricht auch den aktuellen, realen Anforderungen an unsere Ärzte und deren Berufsbild.“ Der MedAT findet an allen öffentlichen Medizin-Universitäten in Österreich am Freitag, 7. Juli 2023, statt.

 

Generell ist es wichtig, befindet Mayer, dass die sozialen Kompetenzen auch im Medizinstudium einen noch höheren Stellenwert bekommen und dass Best-Practice-Beispiele flächendeckend auf ganz Österreich ausgeweitet werden sollen: So müssen zum Beispiel alle Erstsemestrigen der Medizinischen Universität Wien gleich zu Beginn ihres Studiums im Haus der Barmherzigkeit ein Praktikum „Soziale Kompetenz“ absolvieren – fünf Wochen lang, jeweils einen Tag. „Wenn dieses Praktikum in Wien möglich ist, sollte dies auch an den Uni-Standorten in Innsbruck, Graz und Linz sowie bei den Privat-Unis möglich sein – soziale Kompetenzen werden im ärztlichen Berufsbild immer wichtiger“, betont Mayer.  

 

Diese Maßnahmen helfen, wichtige Kompetenzen im Umgang mit Patientinnen und Patienten zu stärken, aber auch, im Fall des Beispiels an der MedUni Wien, sehr früh das Verständnis für die Pflege, deren Tagesablauf und für das Umgehen mit den Bedürfnissen von Patientinnen und Patienten in besonderen Situationen zu verbessern. „Das ist eine Erfahrung, die ganz wichtig für die spätere Arbeit als Arzt ist“, unterstreicht der ÖÄK-Vizepräsident. „Dass auch im Studium, wie die Unis betonen, vermehrt soziale Kompetenzen gefragt sind, ist in jedem Fall positiv hervorzuheben.“

 

MedAT nicht durch Pflegepraktika ersetzen – Ärzte sind keine Pflegehelfer

Was die ÖÄK unvermindert strikt ablehnt, ist die immer wieder propagierte Idee, anstatt der MedAT-Aufnahmetests verpflichtende, einjährige Pflegepraktika zu machen, um an einen Studienplatz zu kommen: „Maturanten sind keine Pfleger und Ärzte sind keine Aushilfspfleger. Um den Pflegenotstand zu beheben, müssen konkret dafür entwickelte Konzepte her. Ich bin nach einer eingehenden Analyse und Evaluierung für eine Reform des MedAT – mit dem Ziel, die besten Ärztinnen und Ärzte unter den Bewerbern zu finden und nicht nur gute Studenten und die bestmögliche Ausbildung anzubieten. Wir als Standesvertretung müssen hier mit eingebunden werden – dafür stehen wir mit unserer Expertise jederzeit zur Verfügung.“

 

Ärztekammer und MedUnis bei Studienplätzen einig

Dabei seien durchaus mutige Ideen erwünscht, etwa könne man darüber nachdenken, so Mayer, ob ein besonders hohes persönliches soziales Engagement in einer mit den Universitäten noch zu klärenden Form beim Aufnahmetest bzw. beim Zugang zum Studium berücksichtigt werden kann. „Das darf natürlich nicht dazu führen, dass es wieder eine neue Diskussion um ein Mehr an Studienplätzen gibt – das löst unsere aktuellen Probleme gewiss nicht. Bei unserer jahrelangen Argumentation, dass es wichtiger ist, die Rahmenbedingungen fürs Arbeiten als Arzt zu verbessern als neue Studienplätze zu schaffen, dürfen wir uns ja – den jüngsten Aussagen zufolge – auch der Unterstützung des Gesundheitsministers sicher sein.“ Das gilt auch für die Medizinischen Universitäten, die sich ebenfalls gegen mehr Studienplätze als Maßnahme im Kampf gegen den Ärztemangel ausgesprochen haben.

 

„Ich möchte aber zur Aussage des Grazer MedUni-Rektors Hellmut Samonigg, der es als absurd bezeichnet hat, dass wir in den 1960er-Jahren bei 11.000 Ärzten noch von einer Ärzteschwemme gesprochen haben und jetzt bei rund 47.700 Ärzten von einem Ärztemangel reden, festhalten, dass sich die Zeiten geändert haben: Heute wollen und können die Ärzte nicht mehr 80 oder 100 Stunden in der Woche arbeiten, wie auch ich selbst das noch in den späten 1980ern getan habe. Zudem reden wir bei der Zahl von 47.700 Ärztinnen und Ärzten von ‚Köpfen‘ und nicht von Vollzeitäquivalenten, da viele, aufgrund von unterschiedlichen Gründen, in Teilzeit arbeiten“, betont Mayer. „Sehr erfreulich finde ich aber, dass die Rektoren auch erkannt und sich dafür ausgesprochen haben, dass unsere Ärzte von administrativen Aufgaben befreit werden müssen.“

 

 

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Mag. Thorsten Medwedeff

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