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Durchbruch im Verständnis der genetischen Basis von Immunreaktionen

Durchbruch im Verständnis der genetischen Basis von Immunreaktionen

Studie kann Entwicklung neuer Therapien gegen Krankheiten wie Krebs beschleunigen

Ein US-Forschungsteam unter maßgeblicher Beteiligung der MedUni Wien hat die molekularen Strukturen menschlicher T-Zellen untersucht und so eine noch nie dagewesene detaillierte Beschreibung der Funktionsweise des Immunsystems erstellt. Die jetzt im Top-Journal „Nature“ veröffentlichten Ergebnisse könnten dazu beitragen, die Grenzen der heutigen Immuntherapien zu überwinden und neue Ansatzpunkte zur künftigen Behandlung einer Vielzahl von Krankheiten wie Autoimmunerkrankungen oder Krebs zu finden. Als ein Erstautor der Studie fungierte Ralf Schmidt von der MedUni Wien.

Bei ihren Forschungen sind die Wissenschafter:innen tief in die DNA von T-Zellen vorgedrungen. Dabei haben sie bestimmte Nukleotide – die grundlegenden Einheiten der genetischen Information in der DNA – ausfindig gemacht, die beeinflussen, wie Immunzellen auf Reize reagieren. Insgesamt untersuchten sie mehr als 100.000 solcher Bestandteile in fast 400 Genen, die wesentliche Funktionen menschlicher T-Zellen steuern. Nukleotide dienen als Code für den Aufbau von Proteinen in Zellen. Durch die Identifizierung dieser spezifischen DNA-Einheiten haben die Wissenschafter:innen nun Klarheit über die genauen Bereiche in den Proteinen, die für die Gesundheit wichtige Immunreaktionen kontrollieren. Somit weisen die Studien auf jene Stellen im Immunsystem hin, auf die künftige immunmodulierende Medikamente abzielen können.


Blaupausen für neue Entwicklungen

„Wir haben erstaunlich präzise und informative Karten von DNA-Sequenzen und Proteinabschnitten erstellt, die die menschlichen Immunreaktionen steuern“, sagt Studienleiter Alex Marson von den Gladstone Institutes in San Francisco, California. „Unsere kartierten Stellen geben Aufschluss über Mutationen, die bei Patient:innen mit Immunstörungen auftreten. Der enorme genetische Datensatz kann, so die Einschätzung des Forschungsteams, künftig bei der Entwicklung von Immuntherapien u. a. gegen Krebs, Autoimmun- und Infektionserkrankungen helfen. „Da die Studie mit primären T-Zellen durchgeführt wurde, die von menschlichen Blutspender:innen stammen, sind die Ergebnisse von großer klinischer Relevanz“, betont Ralf Schmidt vom Klinischen Institut für Labormedizin der MedUni Wien, der während seines Postdoc-Aufenthalts an den Gladstone Institutes als ein Erstautor maßgeblich an der Studie beteilitgt war. „Diese Forschungsarbeit gibt tiefe Einblicke in die genetische Basis der Immunzellenfunktionen“, sagt Schmidt. „Wir können jetzt T Zellen mit Nukleotidauflösung scannen und so Blaupausen für die Entwicklung von Medikamenten, Diagnostik und weitere wissenschaftliche Bemühungen erstellen.“


Noch genauere Einblicke dank neuer Technologie

T-Zellen spielen eine zentrale Rolle bei der Immunantwort und -regulierung, was sie für Wissenschafter:innen, die komplexe Erkrankungen wie Krebs oder Immunstörungen erforschen wollen, besonders interessant macht. In den vergangenen zehn Jahren wurde die Gen-Editierungstechnologie CRISPR eingesetzt, um zu untersuchen, wie primäre Immunzellen funktionieren. Für diese Studie ging das Team noch einen Schritt weiter und nutzte eine neuere CRISPR-basierte Technologie, das so genannte Base Editing, um noch präzisere Änderungen an Hunderten bis Tausenden von DNA-Stellen in einzelnen Genen vorzunehmen und so ein noch nuancierteres Bild mit hoher Auflösung zu zeichnen.


Publikation: Nature

Base-editing mutagenesis maps alleles to tune human T cell functions;
Ralf Schmidt*#, Carl C. Ward*#, Rama Dajani, Zev Armour-Garb, Mineto Ota, Vincent Allain, Rosmely Hernandez, Madeline Layeghi, Galen Xing, Laine Goudy, Dmytro Dorovskyi1, Charlotte Wang, Yan Yi Chen, Chun Jimmie Ye, Brian R. Shy, Luke A. Gilbert, Justin Eyquem, Jonathan K. Pritchard, Stacie E. Dodgson & Alexander Marson#
DOI: 10.1038/s41586-023-06835-6


* These authors contributed equally, # Corresponding Authors


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