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Schlafstörung: Oft ein Indikator für organische oder psychische Krankheiten

Schlafstörung: Oft ein Indikator für organische oder psychische Krankheiten

Fast jeder Zweite leidet hierzulande an Schlafstörungen. Diese sind häufig Symptome diverser zugrundeliegender Störungen oder Erkrankungen, wie Prim. Dr. Abrahamian (Abteilungsvorständin des Internistischen Zentrums im Otto-Wagner-Spital) erklärt.


Schlafstörungen können Leistungsfähigkeit, Wohlbefinden und die Gesundheit massiv beeinträchtigen. Daher sollten insbesondere über einen längeren Zeitraum auftretende Schlafprobleme ernst genommen und ärztlich abgeklärt werden. Vorrangiges Ziel ist nicht nur die Beseitigung der Schlafstörung selbst – beispielsweise durch Schlafmittel – sondern die Behandlung der Ursache. Denn nur so ist ein nachhaltiger Erfolg erreichbar.

  

Foto: (c) wdw

Prim. Dr. Heidemarie Abrahamian ist Präsidentin der Gesellschaft für psychosomatische Medizin, Abteilungsvorständin des Internistischen Zentrums im Otto-Wagner-Spital, Wissenschaftliche Leiterin des Privaten Instituts für Medizin & NLP, Internistin mit den Additivfächern Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen, Nephrologie, Internistische Intensivmedizin, ÖÄK-Diplom für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin

  

Mögliche Ursachen sind vielfältig

Menschen, die unter Schlaflosigkeit leiden, sollten sich an ihren Hausarzt wenden. Kurz andauernde Schlafstörungen werden meistens durch bestimmte Stressoren ausgelöst, z.B. aufregende Ereignisse, Arbeitsdruck, Terminkollisionen oder andere Belastungen.

Bei länger andauernder Symptomatik sollten die Ursachen detailliert abgeklärt werden. Eventuell ist dazu eine Überweisung zu einem Internisten, Neurologen oder Psychiater notwendig, da eine breite Palette von organischen und psychischen Krankheiten als Auslöser infrage kommt (etwa nicht eingestellter Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Schilddrüsenüberfunktion, Nieren- u. Lungenerkrankungen, Burnout, etc.).

  

Foto: Initiative Gesunder Schlaf/digidias

  

Schlafmangel wirkt sich negativ auf den Organismus aus

Im Volksmund heißt es, zu wenig Schlaf mache „krank, dick und dumm“. Wie so häufig besitzt auch diese Binsenweisheit einen wahren Kern. Tatsächlich reduzieren langanhaltende Schlafstörungen die Lebensqualität und die Leistungsfähigkeit massiv. Weiter gefährden sie auch unsere Gesundheit und reduzieren die Lebenserwartung. Hier einige Beispiele für die vielfältigen negativen Auswirkungen chronischen Schlafmangels:

 

  • Das Immunsystem wird geschwächt – dadurch wächst die Gefahr z.B. von Erkältungen und anderen Infektionskrankheiten.
  • Das normalerweise während des Schlafes gebildete Sättigungshormon Leptin sinkt ab, das Appetithormon Ghrelin steigt hingegen an – daraus resultieren vielfach ein vermehrtes Hungergefühl und eine Zunahme des Körpergewichts.
  • Die normalerweise im Tiefschlaf geförderte Freisetzung von Wachstumshormonen wird reduziert. Tritt im Erwachsenenalter ein Mangel auf, sinken Fitness und Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus wird die Gewebealterung beschleunigt.
  • Weitere mögliche Folgen sind Gedächtnis- und Angststörungen sowie Depressionen bzw. die Verstärkung dieser Beschwerden.

Ursächlich ansetzende Therapien bevorzugen

Schlafstörungen sind somit nicht nur unangenehm, sondern potenziell auch gefährlich und daher grundsätzlich behandlungsbedürftig. Insbesondere bei akuten Problemen kommen zunächst häufig pflanzliche Substanzen wie Baldrian, Melisse, Passionsblume, Lavendel etc. zum Einsatz. Bei Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus kann bei älteren Menschen (ab 55 Jahren) auch Melatonin für eine Besserung sorgen. Prinzipiell ist die Gabe von Melatonin, aufgrund des hohen Nebenwirkungspotentials, kritisch zu sehen und insbesondere für jüngere Menschen nicht empfehlenswert, da durch die Hormonsubstitution der Schlaf-Wach-Rhythmus aus den Fugen geraten kann.

  

Nicht-medikamentöse Wirkansätze: Musiktherapie

Sind oben genannte Medikamente nicht erfolgreich, sollte nach sorgfältiger Abklärung möglicher Auslöser eine ursächlich ansetzende Therapie eingeleitet werden. Das bedeutet zum einen die Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung. Zum anderen sind insbesondere kausal wirksame Ansätze wie Musiktherapie, Entspannungsübungen, autogenes Training, Muskelrelaxation nach Jacobson oder psychotherapeutische Ansätze wie z.B. Verhaltenstherapie zu empfehlen.

Ein moderner, sehr wirksamer Therapieansatz in der Schlafmedizin ist die Musiktherapie, die nicht nur das Symptom Schlaflosigkeit, sondern auch die Ursachen für die Schlafstörung in die Behandlung miteinbezieht. Hierfür sehr hilfreiche Programme werden an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg von der Musikwissenschaftlerin Vera Brandes entwickelt. Mit einem Kopfkissen mit integrierten Lautsprechern können schlafwirksame Musikprogramme abgerufen werden und heilsame Töne begleiten in den Schlaf. Generell hat sich die Musiktherapie in der Medizin in den letzten Jahren etabliert und ist in vielen Bereichen zu einem wichtigen Bestandteil der Therapie geworden.

Ruhe auch vor dem Schlaf

Ergänzend sollte auf gute Schlafhygiene geachtet werden. Dazu gehört die Vermeidung von schwerem Essen oder von Aufregungen (z.B. Streitgespräche, spannende Filme, schnelle Rock-Musik). Hilfreich sind u.a. eine gute Matratze, eine angenehme Raumtemperatur sowie das Führen eines Schlaftagebuches.

Generell abzuraten ist von der Anwendung von Schlafmitteln, da sie mit potenziellen Nebenwirkungen verbunden sind und leicht zur Abhängigkeit führen können.

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