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Maßgeschneiderte Therapien für schwere Asthmatiker

Exazerbationen und Notwendigkeit für orales Kortison können stark reduziert werden




Prim. Univ. Prof. Dr. Wolfgang Pohl,
Leiter der Abteilung für Atmungs- und Lungenerkrankungen, Krankenhaus Hietzing
Leiter Karl-Landsteiner-Institut für experimentelle und klinische Pneumologie

Etwa 50.000 Patienten in Österreich leiden an so schwerem allergischen Asthma, dass sie mit den üblichen Standardtherapien oft nicht ausreichend therapiert werden konnten. Das hat sich glücklicherweise geändert. Mit einem Antikörper gegen Immunglobulin E (Anti-IgE) und einem gegen Interleukin-5 (Anti-IL-5) stehen bereits jetzt zwei Vertreter einer neuen Generation an Asthma-Medikamenten zur Verfügung, die in genau definierten Patientengruppen sehr gute Ergebnisse zeigen. Weitere werden in Kürze folgen.

Verschiedene Asthma-Typen

Asthma (bronchiale) ist eine heterogene Erkrankung, die durch eine chronische Atemwegsentzündung charakterisiert ist. Seit einigen Jahren unterscheidet man auch zwischen unterschiedlichen Asthma-Phänotypen. Ein Asthma-Phänotyp charakterisiert
die asthmatypischen Merkmale wie Vorkommen von spezifischen Immunzellen und inflammatorischen Parametern, Triggermechanismen, Ansprechen auf inhalative Steroide und die Exazerbationsrate pro Jahr. Die Zuordnung zu einem bestimmten Phänotyp erklärt den klinischen Verlauf und das unterschiedliche Therapieansprechen auf bestimmte Medikamente. Die Feststellung des jeweiligen Phänotyps ist somit Voraussetzung für die Optimierung der individuellen Asthmatherapie.

Schwere Verlaufsformen

Das allergische Asthma ist heute mit den gängigen inhalativen Therapieformen hervorragend behandelbar. Dennoch gibt es auch bei dieser Asthmaform schwere Verläufe, die ein erweitertes Therapiekonzept benötigen. Etwa fünf bis zehn Prozent aller Asthmatiker fallen in diese Gruppe (Asthma der Stufe 5 gemäß GINA-Leitlinien). Diese Patienten sind dadurch charakterisiert, dass sie praktisch täglich Symptome haben, eine eingeschränkte Lungenfunktion aufweisen, mindestens zwei Exazerbationen in den letzten Monaten hatten und/oder einmal im letzten Jahr aufgrund ihres Asthmas stationär im Krankenhaus behandelt wurden. Bei ihnen kann trotz optimaler Behandlung durch inhalative Therapie keine ausreichende Kontrolle der Symptome erreicht werden.

Maßgeschneiderte Therapien

Mittlerweile existieren aufgrund der intensiven Forschung in diesem Bereich neue Behandlungskonzepte. So gibt es bereits seit einigen Jahren eine gezielte Therapie in Form eines rekombinanten humanisierten monoklonalen Antikörpers gegen Immunglobulin E (Anti-IgE, Wirkstoffname Omalizumab), die gerade beim schweren allergischen Asthma hervorragende Erfolge nachweisen konnte. Sie führt rasch zu einer Verbesserung der Exazerbationsraten. Außerdem benötigen die betroffenen Patienten deutlich weniger systemisches Kortison. Voraussetzung für den Einsatz von Omalizumab: Im Blut der Patienten muss ein hoher Spiegel der für allergische Reaktionen verantwortlichen Antikörper vom Typ IgE nachzuweisen sein.


Neue Ansatzpunkte

Ganz neu auf dem Markt ist ein monoklonaler Antikörper, der an das Interleukin-5 bindet (Anti-IL-5, Wirkstoffname Mepolizumab). Interleukin-5 ist ein wichtiger Mediator für die Anhäufung von Eosinophilen in den Atemwegen. Mit einer Anti-IL-5-Therapie kann daher eine bessere Kontrolle der Entzündungsaktivität bewirkt werden. Es handelt sich dabei um eine Injektionslösung, die alle vier Wochen subkutan gespritzt wird. Wie beim Omalizumab ist die richtige Patientenauswahl entscheidend, um bestmögliche Therapieerfolge zu garantieren. In diesem Fall kommen nur Patienten in Frage, die an einem schweren refraktären Asthma leiden und eine deutliche Erhöhung der eosinophilen Granulozyten im Blut aufweisen (eosinophiler Phänotyp). Studien haben gezeigt, dass auch bei diesem Medikament die Rate an schweren Exazerbationen signifikant gesenkt werden konnte sowie deutlich mehr Patienten die Dosis oraler Kortikosteroide reduzieren konnten als unter Placebo.

Kortison bleibt unverzichtbar

Beide Antikörper werden derzeit zusätzlich zur Standardtherapie verabreicht. Die Gabe von oralem Kortison kann damit reduziert werden, inhalatives Kortison wird weiterhin ein wichtiger Bestandteil der Therapie bleiben.

Das inhalative Kortison ist der Gold-Standard in der Behandlung von Asthma bronchiale und wird entsprechend des Schweregrades in der Konzentration erhöht. Kann mit einer Monotherapie von Kortison keine ausreichende Kontrolle erreicht werden, wird eine Kombinationstherapie mit einem langwirksamen Betamimetikum und einem inhalativen Kortison etabliert. 80 Prozent der Asthmatiker können mit diesem Behandlungsregime hervorragend behandelt werden und eine optimale Kontrolle ihrer Erkrankung erreichen. Auf das inhalative Kortison kann weiterhin nicht verzichtet werden. 

Gefüllte Pipelines

Derzeit sind eine Reihe von anderen hochspezifischen Therapieformen in der Pipeline der pharmazeutischen Firmen. Sie werden in den nächsten Jahren eine Erweiterung der Behandlungsmöglichkeiten beim Asthma bronchiale sowie eine noch bessere personalisierte Therapie der Patienten ermöglichen. Schon heute sieht man: Je genauer ein Patient charakterisiert werden kann, umso besser wirkt die auf diese Eigenschaften zugeschnittene Therapie.

Kontakt für Journalisten-Rückfragen

Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Pohl
Abteilungsvorstand
Abteilung für Atmungs- und Lungenerkrankungen
Krankenhaus Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel
T: (+43 1) 801 10 – 2471
E: wolfgang.pohl@wienkav.at

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