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Rheumatologie: Neuigkeiten am Beispiel der rheumatoiden Arthritis

Rheumatologie: Neuigkeiten am Beispiel der rheumatoiden Arthritis

Pressekonferenz der Österreichischen Rheumaliga: „Neuigkeiten aus der Rheumatologie“ (11. Oktober 2016), Statement Dr. Rudolf Puchner, Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie in Wels, Präsident elect der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie (ÖGR)

 

In der medikamentösen Therapie rheumatischer Erkrankungen wurden in den letzten Jahren bahnbrechende Erfolge erzielt. Mittlerweile gibt es mehr als ein Dutzend Biologika und bereits die ersten Biosimilars. Als Nächstes werden sogenannte „small molecules“ auf den Markt kommen, die erstmals eine orale Therapie ermöglichen. Auf der anderen Seite lassen sich maßgebliche Verbesserungen der Versorgungsqualität im niedergelassenen Bereich erzielen – dieser Bereich ist der ÖGR ein besonderes Anliegen.

Medikamente: Weitere Fortschritte in Sicht

Um die Jahrtausendwende wurde die Behandlung rheumatischer Erkrankungen dank der Einführung der Biologika revolutioniert. Diese monoklonalen Antikörper wirken extrazellulär, indem sie zirkulierende Botenstoffe (Zytokine) der Entzündungskaskade blockieren. Während früher die Therapieergebnisse oft äußerst limitiert waren, wirken die modernen Medikamente so effizient, dass viele Patienten beschwerdefrei sind, auf Urlaub fahren oder sogar Sport betreiben können.

 

In etwa zwei bis drei Jahren wird nun die Einführung sogenannten kleiner Moleküle – „small molecules“ – mit intrazellulärem Angriffspunkt erwartet. Besonderer Vorteil: Sie werden in Tablettenform zur Verfügung stehen. Zwar wird möglicherweise das Therapieergebnis nicht weiter verbessert, sehr wohl jedoch die Einnahmequalität. Die Patienten werden damit keine Spritzen, keine Infusionen und keine Einschulungen mehr benötigen.

Akutsprechstunde in Oberösterreich

Ein zentraler Tätigkeitsschwerpunkt der ÖGR liegt im Bereich der Versorgungsforschung – so haben Rheumatologen in Oberösterreich eine Akutsprechstunde für Patienten eingeführt und die Resultate evaluiert (1). Dabei beträgt die Wartezeit maximal eine Woche und die Begutachtungszeit maximal 15 Minuten. Ziel dieser Initiative ist es, die – bisher in der Regel viel zu lange – Zeit bis zum Behandlungsbeginn entscheidend zu verkürzen. Denn insbesondere bei rheumatoider Arthritis (RA) sollte eine Therapie innerhalb von drei Monaten beginnen – nur dann ist gewährleistet, dass keine Schäden zurückbleiben. Ergebnisse: 72 Prozent der an RA Neuerkrankten wurden binnen drei Monaten gefunden. Bei einer Vergleichsgruppe (vor Etablierung der Akutsprechstunde) waren dies nur etwa 16 Prozent. Nach sechs Monaten wurden alle insgesamt 335 Patienten reevaluiert. Dabei zeigte sich eine Diagnosetreffsicherheit von 90 Prozent. Damit konnte erstmals gezeigt werden, dass im niedergelassenen Setting ein vergleichbar gutes Ergebnis wie im Krankenhaus erzielt werden kann.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Im Jahr 2014 wurde österreichweit die interdisziplinäre Kooperation von Allgemeinmedizinern und Rheumatologen untersucht (2). Resultate: Bei Verdacht auf RA wurden von den meisten befragten Ärzten spezifische Labortests sowie ein Röntgen der betroffenen Gelenke vor Überweisung zum Spezialisten empfohlen. RA, Spondyloarthritis, Psoriasiarthritis und Bindegewebserkrankung wurden als Indikation zur Überweisung an einen Rheumatologen erachtet. Die meisten Allgemeinmediziner und Rheumatologen waren der Ansicht, dass die Therapie mit krankheitsmodifizierenden Substanzen (DMARDs) von einem Spezialisten initiiert werden sollte und dass für die weitere Betreuung der Hausarzt zuständig ist. Begleitende Follow-up-Visiten beim Rheumatologen in Drei- bis Sechs-Monatsintervallen wurden befürwortet. Auf Basis dieser Ergebnisse wurde ein gemeinsamer Algorithmus für eine optimale Versorgung von Rheumapatienten entwickelt.

Biomarker für Therapieansprechen gesucht

Darüber hinaus betreiben österreichische Rheumatolgen eine Reihe weiterer Projekte. So läuft derzeit eine interessante Studie unter der Schirmherrschaft der Klinischen Abteilung für Rheumatologie, Univ.-Klinik für Innere Medizin III unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Josef Smolen. Ziel ist es, Biomarker zu identifizieren, die eine Vorhersage über das individuelle Therapieansprechen auf Biologika ermöglichen. Dieses Thema ist deshalb von großer Relevanz, weil Biologika bei vielen, aber nicht allen Patienten wirken und sich in manchen Fällen erst die dritte oder vierte Substanz als individuell geeignet und nützlich erweist. Wenn es gelingt, das Therapieansprechen im Vorhinein besser abschätzen zu können, kann wertvolle Zeit bis zum Beginn einer wirksamen Behandlung eingespart werden. Die Studie befindet sich derzeit in der Rekrutierungsphase, erste Ergebnisse werden in etwa zwei Jahren erwartet.

 

Literatur:

(1) Puchner R, Janetschko R, Kaiser W, Linkesch M, Steininger M, Tremetsberger R, Alkin A, Machold K. Efficacy and Outcome of Rapid Access Rheumatology Consultation: An Office-based Pilot Cohort Study. J Rheumatol. 2016 Jun;43(6):1130-5. doi: 10.3899/jrheum.151210. Epub 2016 Apr 1.

(2) Puchner R, Edlinger M, Mur E, Eberl G, Herold M, Kufner P, Puchner A, Puchner SE, Redlich K, Alkin A, Machold K. Interface Management between General Practitioners and Rheumatologists-Results of a Survey Defining a Concept for Future Joint Recommendations. PLoS One. 2016 Jan 7;11(1):e0146149. doi: 10.1371/journal.pone.0146149. eCollection 2016.

Bildquellen: Titelbild: Pressekonferenz der Österreichischen Rheumaliga: Neuigkeiten aus der Rheumatologie / 11.10.2016 (Copyright: © wdw); Grafik small molecules: © tassel78 / 123RF

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