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Diagnostik und Therapie von Allergien und Asthma bronchiale im Kinder- und Jugendalter

Diagnostik und Therapie von Allergien und Asthma bronchiale im Kinder- und Jugendalter

CredoMedia hat Dr. Irina Grigorow, Fachärztin für Kinder- und Jugenheilkunde, pädiatrischer Pulmonologie und Allgemeinmedizin in ihrer Praxis in Graz zu einem exklusiven Interview zum Thema Allergien und Asthma getroffen.


CredoMedia: Frau Dr. Grigorow, welche Symptome stellen für Sie Indikationen dar, um das Kind einem Allergietest zu unterziehen?

Dr. Irina Grigorow

Dr. Grigorow: Das Allerwichtigste ist primär immer die Anamnese. Hat der Patient allergische Symptome? Wann hat der Patient welche Beschwerden? Wäre eine Allergie als Ursache möglich?
Typische Symptome einer Inhalationsallergie sind z.B. Reizerscheinungen an Augen und Nase. Ein Asthma bronchiale ist gerade im Kleinkindesalter oft infektbegleitend, gab es also entsprechende Beschwerden wie Fieber, Schnupfen, Husten?
Zu welcher Jahreszeit treten die Beschwerden auf bzw. welche mögliche Allergenbelastung könnte vorliegen, wie z.B. Frühblüher, Gräser, Hausstaub, Tiere, Schimmelpilze usw..
Kam es zu einer allergischen Symptomatik nach einem Insektenstich, oder bestand nur eine lokale Reaktion?
Fallen Symptome im Zusammenhang mit dem Konsum von bestimmten Nahrungsmitteln auf?

 

CredoMedia: Welche Allergien kann man mit einem Pricktest überprüfen?

Dr. Grigorow: Ich würde diese Frage anders stellen. Der Allergietest generell, egal ob Prick- oder Bluttest, dient zur Feststellung einer Sensibilisierung. Aber hat der Patient auch Beschwerden? Die Diagnose "Allergie" gilt erst dann, wenn allergische Symptome und Sensibilisierung zusammenpassen, wobei wir hier von einer IgE vermittelten Typ I Allergie sprechen.  

 

CredoMedia: Wann macht man einen Pricktest, wann eine Blutuntersuchung? Was sind die ausschlaggebenden Kriterien?

Dr. Grigorow: Der Pricktest liefert rasch ein Ergebnis, nämlich innerhalb von 15 – 20 Minuten und ist im Vergleich zum Bluttest kostengünstiger. Man kann den Pricktest jedoch nicht auf irritierter, entzündlich gereizter Haut anwenden, wie z.B. bei aktiver Neurodermitis oder bei bestehender Urtikaria. Zusätzlich müssen zuvor antiallergische Medikamente pausiert werden.

Ich persönlich verwende bevorzugt den Bluttest, weil man über die sogenannte Komponentendiagnostik noch mehr Informationen über eventuelle Sensibilisierungen bekommt.
Ich beschreibe das gerne am Beispiel von Bienen- und Wespengift. In deren Giftmischung, dem sogenannten Gesamtextrakt, sind Proteine enthalten, die zwischen Biene und Wespe kreuzallergen sein können. Daneben gibt es aber auch Proteine, die für das jeweilige Insekt ganz spezifisch sind. Diese kann man mit Hilfe der Komponentendiagnostik im Rahmen der IgE-Bestimmung aus dem Blut herausfiltern.
Die exakte Bestimmung der Sensibilisierung ist wiederum wichtig für den Fall, dass im Rahmen einer manifesten Allergie, eine spezifische Immuntherapie möglich und angezeigt ist.

 

CredoMedia: Können Sie bitte kurz die Zusammenhänge bei Kreuzallergien erläutern?

Dr. Grigorow: Eine Sensibilisierung besteht prinzipiell gegen Proteine. Das Immunsystem erkennt solche fälschlicherweise als gefährlich und bildet dagegen im Sinne der Sensibilisierung Abwehrstoffe, die sogenannten IgE (Immunglobulin E). Im Falle einer Allergie bewirken diese eine Freisetzung von zahlreichen Botenstoffen u.a. Histamin zur eigentlich ja unnötigen Abwehrreaktion z.B. gegen das Protein einer harmlosen Birkenpolle.

Ein und das selbe Protein kann nun in verschiedenen, nicht einmal biologisch oder botanisch verwandten Allergenquellen in gleicher oder sehr ähnlicher Struktur vorkommen z.B.in Birke, Apfel, Haselnuss. Bei Konfrontation mit diesem Allergen (Protein) reagiert das Immunsystem, egal aus welcher Allergenquelle es stammt. Also z.B. ein Birkenpollenallergiker hat eventuell auch allergische Beschwerden beim Genuss eines Apfels. Beim genannten Beispiel spreche ich vom oralen Allergiesyndrom, der Kreuzreaktion zwischen Pollen und Nahrungsmitteln. Die Sensibilisierung erfolgt stets über den inhalativen Weg, also über die Polle; die Symptome durch das kreuzreagierende Nahrungsmittel bestehen üblicherweise im Mund-Rachen-Bereich.
Bei Kreuzallergien ist wie schon erwähnt die Komponentendiagnostik wichtig.

 

CredoMedia: Welche Therapien sind zur Behandlung von Allergien möglich?

Dr. Grigorow: Der erste Therapieansatz ist die Allergenmeidung, sofern dies möglich ist. Weiters gibt es die symptomatische Therapie. Bei einer IgE-vermittelten allergischen Reaktion vom Soforttyp wird der Botenstoff Histamin freigesetzt, den man mit einem Antihistaminikum hemmen kann. Dieses kann lokal (Nasentropfen, Augentropfen) oder systemisch angewandt werden. Reicht dies alleine nicht, kann zusätzlich Cortison erforderlich sein.
Bei potentiell lebensbedrohlichen, sogenannten anaphylaktischen Reaktionen ist Adrenalin z.B. in Form eines Epipens lebensrettend.

In manchen Fällen besteht die Möglichkeit der spezifischen Immuntherapie oder Hyposensibilisierung. Durch diese lernt das Immunsystem, z.B. eine „Birkenpolle“ als harmlos anzunehmen und nicht mehr überschießend auf diese zu reagieren. Über 3 bis 5 Jahre führt man das Allergen in regelmäßigen Abständen zu und erreicht dadurch mit großer Wahrscheinlichkeit eine Symptomarmut oder sogar Symptomfreiheit.

 

CredoMedia: Was ist nun der Vorteil von der spezifischen Immuntherapie?

Dr. Grigorow: Es ist die einzige Methode, mit der man eine Allergie ursächlich behandeln kann, indem eine Toleranz dem Allergen gegenüber aufgebaut wird. Alle anderen Ansätze lindern ausschließlich Symptome.

 

CredoMedia: Wie sieht die Diagnostik von Asthma aus?

Dr. Grigorow: Hier ist wieder eine umfassende Anamnese von großer Bedeutung. Da es sich um eine chronische Erkrankung handelt, ergibt sich die Frage nach dem Beginn und der Häufigkeit der Symptome. Es ist unter anderem wichtig zu erfahren, unter welchen Umständen Beschwerden auftreten; ob diese im Rahmen einer Atemwegsinfektion, bei körperlicher Belastung oder durch Allergenexposition bestehen. Man sollte sich erkundigen nach eventuell weiteren atopischen Erkrankungen und nach der Familienanamnese.

Differentialdiagnosen sind unter Umständen zu bedenken, wie z.B. verschluckte Fremdkörper, Hyperventilation, Atemnot bei Übergewicht, Fehlbildungen der Atemwege, kardiovaskuläre Erkrankungen, Infektionen, Tuberkulose usw.

Sobald das Alter und somit die Mitarbeit des Kindes es erlauben, sollte natürlich unbedingt regelmäßig die Lungenfunktionsuntersuchung durchgeführt werden, um die Atemfunktion zu objektivieren. Ein Allergietest ist ebenfalls obligat.

 

CredoMedia: Wie gestaltet sich die Therapie für Asthma?

Dr. Grigorow: Die Therapie richtet sich je nach Schwere nach einem medikamentösen Stufenplan. Mittels Bronchodilatoren wirkt man der Verengung der Bronchien entgegen. Cortison stoppt die Entzündung in den Bronchien. Diese beiden Medikamente werden inhalativ aufgenommen.
Eine weitere Möglichkeit sind Leukotrienantagonisten, wobei Leukotrien ein Botenstoff ist, der zur Verengung der Bronchien beiträgt. Dieses Medikament wird gerne bei Kleinkindern verwendet, die häufig unter obstruktiven, infektbedingten Bronchitiden leiden und es findet Anwendung beim Anstrengungsasthma.
Bei schweren und therapieresistenten Asthmaanfällen kann eine intensivierte Therapie auch unter stationären Bedingungen erforderlich sein.

Neben der medikamentösen Therapie gibt es weitere wichtige Aspekte, wie die Asthmaschulung, durch welche der Patient und dessen Eltern mit der Erkrankung und deren Therapie vertraut gemacht werden, regelmäßig körperliche Betätigung, eventuell eine Atemphysiotherapie, bei Notwendigkeit eine Gewichtsreduktion, natürlich das unbedingte Meiden von Nikotin, sowohl aktiv als auch passiv. Einige Patienten profitieren durch Aufenthalte in allergenarmen Regionen, wie in alpinen Zonen oder am Meer, oder durch eine Rehabilitation.

 

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